Theologe: Treffen zwischen Kyrill und Franziskus hätte kaum Effekte
Ein Treffen von Papst Franziskus mit dem russischen Patriarchen Kyrill I. in Kasachstan im Rahmen des jüngsten Weltkongresses der Religionen wäre wohl ohne größere Wirkung auf den Verlauf des Krieges in der Ukraine geblieben. Das hat der Theologe und Rektor der Katholischen Privat-Universität Linz (KU), Prof. Christoph Niemand, in einem Interview in den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Ausgabe vom 19. September) vermutet. Kyrill habe sich "wo hingesetzt, wo es ganz schlecht sitzen ist" - und es liege zunächst an der russischen Kirche, "jetzt Brücken zu bauen".
Vielleicht hätte Franziskus Kyrill "in einem Vier-Augen-Gespräch ins Gewissen reden können" - aber letztlich sei die russische Orthodoxie aufgrund ihrer Unterstützung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine in einer "katastrophalen Situation", aus der sie sich erst mühsam wieder "herausarbeiten" müsse, so Niemand. Dazu brauche es "diplomatische und theologische Hilfe". Dieser Prozess an sich könne aber nur "intern" stattfinden. "Da bringt eine Meinung von außen rein gar nichts." Dennoch zeigte sich der Theologe überzeugt, dass "auf Toplevel die diplomatischen Kanäle offen sind".
Im Blick auf die Orthodoxie insgesamt und den katholisch-orthodoxen theologischen Dialog warnte Niemand zudem vor jedem überheblichen Dünkel nach dem Motto "Wir sind die Westler und ihr seid noch nicht so weit". In der Liturgie etwa könne man katholischerseits vieles von der Orthodoxie lernen, zeigte sich der Uni-Rektor überzeugt: "Nicht wenige Gottesdienste hierzulande leiden an einem Zuviel der Worte, einer 'Bequatsch-Liturgie'". Wichtige Aspekte wie die Anbetung würden da zu kurz kommen. Und im Bereich der Theologie könne man von der Orthodoxie neu die Hochachtung vor den Kirchenvätern lernen.
Quelle: kathpress