Caritas-Experten in Pakistan: Unwetter ist vorbei, Not ist geblieben
Auch wenn die Unwetter in Pakistan vorbei sind, ist die Not und das Elend der Menschen geblieben. Das berichten der Generalsekretär der Caritas der Diözese St. Pölten, Christoph Riedl, und der Auslandshilfe-Experte Andreas Zinggl im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress am Montag. Beide sind seit dem Wochenende in der Katastrophenregion vor Ort. "Es zeigt sich ein Bild der Verwüstung", schilderte Riedl seine Eindrücke. In dem südasiatischen Land mit über 220 Millionen Einwohnern spiele sich eine "Katastrophe in der Katastrophe" ab.
Am dringendsten sei jetzt die medizinische Versorgung, denn jeder zweite Hochwasser-Betroffene brauche auch medizinische Hilfe und die Angst vor Seuchen sei groß, so Riedl. Insgesamt betrifft die Flut 33 Millionen Menschen, 1.500 Menschen kosteten die Folgen der Katastrophe bisher das Leben. Neben medizinischen Gütern bräuchten die Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser, Lebensmittel und ein Dach über dem Kopf. Gemeinsam mit den Partnerorganisationen versorge die Caritas tausende betroffene Familien mit dem Nötigsten, so Riedl.
Er sei erschüttert gewesen von dem Ausmaß an Zerstörung, das sich ihnen vor Ort gezeigt habe, so Riedl. Der Klimawandel habe dramatische Auswirkungen auf die Menschen in Pakistan. War das Land im Frühsommer noch mit Extremhitze über 50 Grad Celsius konfrontiert, so seien große Teile der Bevölkerung nun durch die Fluten ihrer Existenzgrundlagen beraubt worden. Fast eine Million Nutztiere seien gestorben und 15.000 Quadratkilometer landwirtschaftliche Fläche zerstört worden. "In einem Land, das größtenteils von der Landwirtschaft lebt, eine humanitäre Katastrophe", so Riedl.
Dadurch, dass die Flut so überraschend gekommen sei, hätten zwar viele noch ihr Leben retten können, die meisten hätten aber ihr gesamtes Hab und Gut, ihr Haus und ihre Anbauflächen verloren, skizzierte der Caritas-Auslandshilfe-Experte Zinggl die Situation. Derzeit gehe es für die Menschen darum, "die nächsten Wochen irgendwie zu überstehen", so Zinggl. Dabei unterstütze die Caritas die Menschen, wo es geht.
Er sei bereits vor zwölf Jahren bei den Unwettern in Pakistan vor Ort gewesen, als man bereits von einem "Jahrhunderthochwasser" gesprochen habe. Damals habe er sich gedacht, "hoffentlich passiert so etwas nie wieder", so Zinggl, "tatsächlich ist es jetzt im Jahr 2022 noch schlimmer". (Spendenmöglichkeit: www.caritas.at/flut-pakistan)
Flutopfer suchen Hilfe bei der Kirche
Die Kirchen in Pakistan sind unterdessen für viele von den Monsun-Überschwemmungen betrofene Menschen in Pakistan zu wichtigen Anlaufstellen geworden. Man helfe ohne Ansehen der religiösen und ethnischen Zugehörigkeit, erklärte Erzbischof Benny Travas nach Angaben des internationalen Hilfswerks "Kirche in Not" (Montag). Dies sei leider nicht überall selbstverständlich. Angehörige von Minderheiten würden bisweilen an anderen Ausgabestellen weggeschickt und an die Kirche verwiesen, so der Erzbischof von Karatschi.
"Diese Mentalität der Diskriminierung herrscht überall", beklagten mehrere katholische Bischöfe. Dabei hätten die Menschen durch die Flut nicht nur ihre Häuser, sondern auch ihre Ernährungsgrundlagen verloren, berichtete Bischof Samson Shukardin aus Hyderabad. Im bevorstehenden Winter drohe deshalb gerade in ländlichen Regionen eine Hungerkatastrophe: "Die abgelegenen Gebiete sind vor dem Hochwasser nicht geschützt, nur die großen Städte."
Sorgen machten auch die grassierenden Krankheiten, sagte Erzbischof Travas: "Aktuell breiten sich das Dengue-Fieber und die Cholera aus. Die Krankenhäuser sind überlastet und schicken die Menschen weg". Es fehlten unter anderem Moskito-Netze, um sich vor Infektionen zu schützen. Auch sei ihm berichtet worden, dass Apotheken Medikamentenvorräte zurückhielten und damit die Preise weiter in die Höhe trieben, so der Erzbischof von Karatschi.
Quelle: kathpress