Katholische Kirche in Kasachstan im Umbruch
Wenn Papst Franziskus in der kommenden Woche nach Kasachstan kommt, besucht er erneut ein Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung. Mehr als zwei Drittel der 19 Millionen Einwohner des zentralasiatischen Landes sind sunnitische Muslime. Von den rund 26 Prozent Christen sind die meisten russisch-orthodox. Das Moskauer Patriarchat zählt das Gebiet zu seinem "kanonischen Territorium". Für die russisch-orthodoxe Kirche heißt das, dass sie allein sich berechtigt fühlt, in dem Gebiet Mission und Evangelisierung zu betreiben. Dennoch leben die Religionsgemeinschaften in Kasachstan in gutem Einvernehmen miteinander, heißt es.
Die ohnehin kleine katholische Kirche im Land, unter dem sowjetischen Diktator Stalin aus polnischen und deutschen Zwangsumgesiedelten entstanden, ist seit der Staatsgründung 1991 geschrumpft. Ihr gehören nach verschiedenen Schätzungen heute bis zu 180.000 Gläubige an; das entspricht rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung.
Der Hauptgeschäftsführer des deutschen kirchlichen Osteuropahilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, sieht die katholische Kirche in Kasachstan in einem großen Umbruch. In den vergangenen Jahrzehnten hätten viele Deutsche und Polen das Land Richtung Westen verlassen, erklärte Schwartz laut Katholischer Nachrichten-Agentur (KNA) im Vorfeld der Papstreise. Da sie die Ortskirche wesentlich getragen hätten, sei diese in dem zentralasiatischen Land nun auf der Suche nach einer neuen Identität.
"Papst stärkt kleine Ortskirche"
Am Mittwoch (14. September) wird der Papst in Nur-Sultan mit den örtlichen Katholiken eine Messe auf dem Gelände der Weltausstellung Expo 2017 feiern. Tags darauf ist eine Begegnung mit Bischöfen, Priestern, Diakonen, Ordensleuten, Seminaristen und pastoralen Mitarbeitern in der Kathedrale der "Muttergottes der immerwährenden Hilfe" geplant.
Der von Papst Franziskus angekündigte Besuch kommt nach Ansicht von Renovabis-Chef Schwartz genau zur richtigen Zeit: "Er stärkt diese kleine Ortskirche und ermutigt Katholikinnen und Katholiken, aus den eigenen Glaubenswurzeln eine tragfähige Zukunftsperspektive mit einem Beitrag in die Gesellschaft hinein zu entwickeln."
Trotz der Verfolgung in sowjetischer Zeit und der räumlichen Zerstreuung habe die Kirche in Kasachstan überlebt, erklärte Schwartz. "Der unerschütterliche Glaube und die Treue - gerade von so vielen Frauen, Müttern und Großmüttern - während der dunklen Zeit des verordneten sozialistischen Atheismus sind noch heute beeindruckend."
Es seien oft einfache Menschen, die in schwersten Zeiten den Glauben weitergegeben und so erhalten hätten, erinnerte Schwartz. Hierfür stünden beispielhaft die zur Seligsprechung vorgeschlagene und nach Kasachstan verschleppte Russlanddeutsche Gertruda Detzel und der selige Priester Wladyslaw Bukowinski. Auf diese Lebens- und Glaubenszeugnisse könne die kasachische Kirche stolz sein und aus ihnen Kraft und Zuversicht schöpfen.
Mit zwei Riten vertreten
Die katholische Kirche ist in Kasachstan sowohl mit dem römischen als auch dem ostkirchlichen ("byzantinischen") Ritus vertreten. Für den römischen Ritus gibt es eine Erzdiözese (Astana) unter der Leitung von Erzbischof Tomasz Peta (71), zwei weitere Diözesen in Almaty und Karaganda und die Apostolische Administratur Atyrau. 2019 wurde zudem für die Gläubigen des byzantinischen Ritus die Apostolische Administratur Kasachstan und Zentralasien geschaffen.
Die katholischen Bischöfe des Landes gehören der im Herbst 2021 neu begründeten Zentralasiatischen Bischofskonferenz an. Der Bischof von Almaty, Jose Luís Mumbiela Sierra (53), ist Vorsitzender der Konferenz, der auch die Bischöfe von Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, der Mongolei und Afghanistans angehören.
Quelle: kathpress