Schönborn: Kreuz ist nicht da, um die Menschen zu spalten
"Das Kreuz, die ausgebreiteten Arme des Erlösers sind nicht da, um die Menschen zu spalten, zu trennen, gegeneinander aufzuhetzen, sondern um sie zu sammeln und zu versöhnen." Daran hat Kardinal Christoph Schönborn am Mittwoch im Wiener Stephansdom beim Festgottesdienst zur diesjährigen Wallfahrt des Österreichischen Seniorenbunds erinnert. "Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen", zitierte Schönborn aus dem Johannesevangelium die Worte Jesu beim Letzten Abendmahl. Das gelte nicht nur für Katholiken und Christen, sondern für alle Menschen, sagte der Kardinal in seiner Predigt vor den zahlreichen im Dom versammelten Mitgliedern der ÖVP-Teilorganisation aus ganz Österreich.
Der Wiener Erzbischof ging auch auf das Fest der Kreuzerhöhung ein, das am 14. September von der katholischen und den orthodoxen Kirchen gefeiert wird. Das Kreuz habe eine besondere Anziehungskraft und seine Botschaft sei wichtig für das Land, auch wenn die katholische Mehrheit im Schrumpfen begriffen sei, so Schönborn. Andere Gruppen würden hingegen in der Zahl wachsen, neben Menschen ohne Bekenntnis und Muslimen, seien das vor allem die oftmals "als Einwanderer und auch als Flüchtlinge zu uns gekommenen" orthodoxen und altorientalischen Christen.
Es sei schwer, sich gegen die Trends der Zeit zu stellen, das habe er in seiner mittlerweile 27-jährigen Amtszeit als Erzbischof oftmals festgestellt, so Schönborn weiter. Viele Dinge habe man nicht selbst in der Hand, etwa die weltweite wirtschaftliche und politische Entwicklung. Christus bleibe aber am Werk und Gott sammle bis zum Ende der Zeiten sein Volk. Dabei wachse das Christentum "nicht durch Propaganda, sondern durch Anziehung", betonte der Kardinal.
Viele Menschen seiner Generation seien in Sorge, dass die jungen Menschen heute nicht christlich genug lebten. Dieser Sorge wolle er entgegentreten, so Schönborn. "Auch mit den jungen Menschen hat Gott eine Geschichte", sagte der Wiener Erzbischof. Diese verlaufe aber nicht unbedingt in der Form, wie sie viele gewohnt seien, "sie geht auch nicht unbedingt durch einen häufigen Kirchenbesuch", aber trotzdem bleibe Gott am Werk und die Anziehungskraft des Kreuzes und des Gekreuzigten bleibe bestehen.
Nach seiner Ernennung zum Bischof sei er der Jüngste in der Bischofskonferenz gewesen, "jetzt bin ich der Älteste", so Schönborn. "Einst war ich jung, jetzt bin ich alt", heiße es auch in den Psalmen der Bibel. Das stimme, sei aber keine Schande und "nichts worüber man sich grämen soll". Er selbst sei nach einer "schweren gesundheitlicher Prüfung" dankbar für die zusätzliche Lebenszeit, die ihm geschenkt wurde, sagte der Kardinal. Jeder werde die Stunde des Heimgangs irgendwann erleben, "aber wenn wir den Blick auf Kreuz nicht verlieren, dann brauchen wir das nicht zu fürchten", so Schönborn abschließend.
Der Österreichische Seniorenbund ist eine Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei und versteht sich als Interessenvertretung der älteren Generation. Er ist mit rund 300.000 Mitgliedern einer der größten gemeinnützigen Vereine Österreichs. Seit 2015 steht die ÖVP-Politikerin und ehemalige Volksanwältin Ingrid Korosec der Organisation vor. Der Seniorenbund veranstaltet jährlich eine Bundeswallfahrt. Jedes Jahr ist ein anderes Bundesland für die Ausrichtung Wallfahrt verantwortlich.
Quelle: kathpress