Schönborn bei Maria Namen-Feier: Kraft des Gebets schrumpft nicht
Einen Hoffnungs-Appell trotz sinkender Katholikenzahlen hat Kardinal Christoph Schönborn in den Mittelpunkt seiner Predigt bei der Maria Namen-Feier am Samstag im Wiener Stephansdom gestellt. Die Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft (RSK), die die große Glaubensfeier jedes Jahr organisiert, feiert in diesem Jahr ihr 75-Jahr-Jubiläum. "Seien wir unbesorgt, auch wenn wir weniger geworden sind", meinte Schönborn. So sei zwar in den letzten 75 Jahren die Zahl der Mitfeiernden sichtlich geschrumpft, nicht aber die Kraft des Gebets. Die traditionsreiche Maria-Namen-Feier steht unter dem Motto "Dank - Gebet - Aufbruch"; am Sonntag (15 Uhr) feiert der Salzburger Erzbischof Franz Lackner die Messe, der wie Schönborn Schirmherr der RSK ist.
Auch wenn "es stimmt, dass wir weniger geworden sind und die Zahl der Menschen ohne religiösen Bekenntnis zunimmt", verliere das Gebet nicht an Macht, konstatierte Schönborn. So komme es "nicht auf die Vielen an, sondern auf die Beter selbst, auch wenn es nur ein einziger ist".
Laut Schönborn ist auch Österreich nicht ungläubiger geworden, sondern säkularer. Für den einzelnen Christen heiße es darum, sich selbst nicht als Minderheit zu bedauern, sondern in der aktuellen Gesellschaftsform die Botschaft Jesu zu leben und "das Geschenk des Glaubens" zu feiern.
Als Zeichen der Hoffnung verwies Schönborn auch auf die biblischen Verweise, dass Verlorenes immer wieder zurückkomme. Jeder könne auf Irrwege kommen oder wie das Volk Israel auf falschen Weg sein, aber Jesus gehe nach, "bis er dich gefunden hat und bringt dich heim". Schönborn weiter: "Was immer im Leben passiert, wir können nach Hause kommen. Es werden offene Arme auf uns warten. Das hat Jesus uns gesagt, aber so müssen wir uns auch gegenseitig sehen. Jeder ist ein geliebtes Kind Gottes." So sollten Gläubige unbesorgt sein, "auch wenn wir weniger werden", denn die Botschaft Jesu sei stärker als jede menschliche Schwäche.
Figl: Es braucht religiöse Gruppen
Religion dürfe speziell vonseiten der Politik nicht ge- oder missbraucht werden, wie bei politischen Veranstaltungen oder Wahlkämpfen vor Kirchen, mahnte der Bezirksvorsteher Wien-Innere Stadt, Markus Figl (ÖVP) zu Beginn der Feier in seinem "Impulsstatement". Figl bekannte sich zu einer Trennung von Kirche und Saat, kritisierte jedoch den Laizismus, wie etwa in Frankreich, "wo alles Religiöse hinausgedrängt wird".
Die größte Religionsgemeinschaft in Wien sei aktuell die Gruppe der Konfessionslosen, führte Figl aus, der auch am Sonntag das "Impulsstatement" halten wird. Es benötige daher Gruppen, wie die RSK, die "die Kraft des Gemeinsamen", den Glaube und das Gebet lebe. In Zeiten der Gesundheits-, Natur- und Politikkrisen seien es religiöse Gemeinschaften, die den Menschen "das Mehr im Leben" zeigen könnten. So könne die RSK Anreize geben, Religion statt Krise und Religiosität statt Krisenstimmung zu fördern. Die RSK sei - trotz des laut Figl zugegebenermaßen komplizierten langen Namens - eine Plattform des gemeinsamen Aufbruchs sowie für Frieden und Gemeinschaft.
Das Grußwort zur Maria-Namen-Feier kam vonseiten des Päpstlichen Nuntius in Österreich, Erzbischof Pedro Lopez Quintana. Dieser bat darum, das Gebet zu intensivieren, sodass "in den Herzen vieler Menschen ein Aufbruch in der Hoffnung, Liebe und Glaube geschehen kann".
Der heiligen Messe am Sonntag steht der Salzburger Erzbischof Franz Lackner vor, der wie Schönborn Schirmherr der RSK ist. Die Prozession mit der Fatimastatue findet an beiden Tagen als Umgang in der Domkirche statt. Die Gottesdienste werden auf dem YouTube-Kanal der Erzdiözese Wien live übertragen (www.youtube.com/erzdiözese-wien).
Jubiläumsjahr 2022
Die RSK - die vor 75 Jahren unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde - begeht das Jahr 2022 als Jubiläumsjahr. Eröffnet wurde es von Erzbischof Lackner im Rahmen einer Pontifikalfeier am 5. Jänner in der Wiener Franziskanerkirche. Weitere Höhepunkte waren ein Festgottesdienst mit Franziskaner-Provinzial P. Fritz Wenigwieser am 2. Februar, dem Hochfest Mariä Lichtmess, an dem die Gebetsgemeinschaft für den Frieden 1947 durch den Franziskanerpater Petrus Pavlicek gegründet wurde sowie eine Fatimafeier mit Domdekan Rudolf Prokschi am 13. Mai.
Abgeschlossen wird das Jubiläumsjahr mit zwei Gottesdiensten im Dezember 2022: Am 14. Dezember wird der 40. Todestag von P. Petrus Pavlicek unter der Leitung des Geistlichen Assistenten der RSK, P. Benno Mikocki, gefeiert. Am 18. Dezember werde das Jubiläumsjahr schließlich mit einer Pontifikalfeier, der Kardinal Schönborn vorstehen wird, beschlossen.
Historische Bezüge
Die Wiener Maria-Namen-Feier geht ursprünglich aus der Dankesfeier für die Befreiung der österreichischen Hauptstadt von der Türkengefahr hervor und hat sich in den vergangenen 70 Jahren zu einem Friedensgebet gewandelt, das jährlich begangen wird. Dabei hat besonders die Prozession, die vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie durch die Wiener Innenstadt führte, historische Bezüge: Als sich die vereinigten christlichen Heere gegen die zweite Wiener Türkenbelagerung formierten, wurde die Schutzmantelmadonna vorangetragen.
Die Prozession erinnert auch an die großen Bittumzüge über den Wiener Ring, die die 1947 vom Franziskanerpater Petrus Pavlicek (1902-1982) gegründete Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft organisierte und dabei zum Gebet für die Freiheit des nach dem Krieg besetzten Landes aufrief. Ab 1958 war die Wiener Stadthalle Veranstaltungsort für die Tausenden Mitfeiernden, sowie schließlich ab 2011 der Stephansdom. Die RSK umfasst heute rund 700.000 Mitglieder in mehr als 130 Ländern und gibt die Zeitschrift "Betendes Gottesvolk" heraus.
Das Fest der Namensgebung der Jungfrau Maria wurde von Papst Innozenz XI (1676-1689) zu Ehren des heiligen Namens der Mutter Jesu festgesetzt. Papst Pius X verlegte es dann auf den "Siegestag" der Schlacht auf dem Wiener Kahlenberg während der Türkenbelagerung von 1683, den 12. September. Als das Fest wegen der Doppelung zum Fest Mariä Geburt am 8. September aus dem katholischen Festkalender gestrichen wurde, blieb es in Österreich wegen der historischen Verwurzelung weiterhin bestehen. (Infos: https://www.rsk-ma.at)
Quelle: kathpress