Gedenken an Mutter Teresa im Wiener Stephansdom
Mit einem Gottesdienst im Wiener Stephansdom anlässlich ihres 25. Todestags wurde am Montagabend Mutter Teresas gedacht. Kardinal Christoph Schönborn würdigte die Ordensgründerin - sie starb am 5. September 1997 - in seiner Begrüßung als "Heilige und große Gestalt". Die Predigt bei dem Gottesdienst, an dem neben zahlreichen Gläubigen auch viele Ordensschwestern der von Mutter Teresa gegründeten Missionarinnen der Nächstenliebe teilnahmen, hielt der ehemalige Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke Österreich, Leo Maasburg. Er war langjähriger Wegbegleiter von Mutter Teresa. In den 25 Jahren seit ihrem Tod habe sich bereits vieles verwirklicht, was die Heilige angestoßen habe, zeigte er sich überzeugt.
Mutter Teresa habe sich seit ihrer frühesten Kindheit um die Armen gesorgt, so Maasburg. Am 10. September 1946 auf einer Zugfahrt nach Darjeeling in Indien habe sie beim Anblick eines Kruzifixes den Ruf Gottes verspürt, alles aufzugeben und in den Slums den Ärmsten zu dienen. Sie habe daraufhin nicht nur ihr Leben lang den Ärmsten der Armen gedient, sondern letztlich die Menschen bei der Hand genommen und diese durch eine Berührung zu Jesus geführt.
So habe Mutter Teresa bei Freiwilligen, die erstmals in das Haus für die Sterbenden in Kalkutta kamen, zur Begrüßung jeden einzelnen bei der Hand genommen, zu einem der Armen gezogen und den Volontär gebeten, ihn zu pflegen oder zu füttern. Wenn dann alle Neuankömmlinge bei den Armen waren, erinnerte Maasburg, der die Heilige auf vielen Reisen begleitet hat, habe sie zufrieden, mit einem Lächeln, das Geschehen beobachtet. Als Papst Johannes Paul II. dann auf Besuch in Kalkutta war, habe sie auch den Papst bei der Hand genommen und ihn zu einem der Sterbenden geführt und ihn gebeten, diesen zu segnen. Das zeige, dass die "Lehrerin der Tat" an den Volontären nicht nur als Helfer interessiert gewesen sei, so Maasburg, vielmehr war es ihr das Wichtigste, "jeden Menschen zu Jesus zu führen".
Während materielle Armut viel leichter zu beseitigen sei, sei es auch die spirituelle Armut, in der die Gegenwart Gottes verloren geht, die Mutter Teresa bekämpfen wollte. Ihr sei bewusst geworden, dass Jesus in den Armen warte, so Maasburg. Er werde nie vergessen, mit welcher "Zärtlichkeit, Humor und Liebe sie den knochendürren, hilflosen Männern und Frauen" beigestanden habe. Nach der Messe habe sie stets gesagt "jetzt gehen wir von Jesus zu Jesus". Für sie sei klar gewesen, der Jesus in der Eucharistie sei derselbe Jesus, den man in den Ärmsten der Armen begegnet, so Maasburg abschließend.
"Mutter der Armen"
Agnes Gonxha Bojaxhiu, so Mutter Teresas bürgerlicher Name, wurde am 26. August 1910 im damals noch osmanischen Skopje als drittes Kind einer albanischen Familie geboren. In Indien gründete sie die "Missionarinnen der Nächstenliebe", einen Orden, der 1950 vom Papst approbiert wurde. Die Mitglieder verpflichteten sich zu Armut, Keuschheit, Gehorsam und zum Dienst für die "Ärmsten der Armen von ganzem Herzen ohne Gegenleistung". 1953 wurde das heutige Mutterhaus des Ordens in Kalkutta gegründet.
In einem ehemaligen Pilgerhospiz im Tempelbezirk Kalighat gründete Mutter Teresa 1954 das Sterbehaus "Nirmal Hriday". 1959 eröffnete sie in Kalkutta ein Waisenhaus und ein Leprazentrum, wenig später folgten Häuser in zahlreichen anderen Großstädten Indiens. 1965 entstand in Venezuela das erste Haus außerhalb Indiens, 1968 das erste Europas in Rom, wo bald schon das Noviziats-Zentrum des Ordens eingerichtet wurde. Insgesamt 594 Häuser in 120 Ländern eröffnete Mutter Teresa bis zu ihrem Tod 1997, die meisten davon persönlich. Ihr Haus für Aids-Kranke in New York war die weltweit erste Einrichtung ihrer Art.
Genauso rasch wie ihr Orden verbreitete sich auch Mutter Teresas Bekanntheit. Infolge der Hochachtung, die ihr Papst Paul VI. nach einem Kennenlernen beim Eucharistischen Weltkongress in Indien 1964 entgegenbrachte, wurde man auch jenseits der Landesgrenzen Indiens auf sie aufmerksam. Der Vatikan erhob den Orden 1965 in den Rang einer pontifikalen Kongregation und würdigte Mutter Teresa mit dem Friedenspreis. Weitere Auszeichnungen folgten, darunter 1973 der damals erstmals verliehene "Templeton Preis", 1978 der Balzan-Preis, 1979 der Friedensnobelpreis und 1996 die Ehrenbürgerwürde der USA.
Im März 1997 gab sie - bereits seit vielen Jahren herzkrank - beim Generalkapitel die Ordensleitung ab und reiste im Sommer nochmals in die USA und in den Vatikan, wo sie ein letztes Mal Papst Johannes Paul II. traf. Am 5. September 1997 starb Mutter Teresa 87-jährig in Kalkutta.
Die Ordensgründerin, die bereits 1951 indische Staatsbürgerin geworden war, erhielt ein Staatsbegräbnis. Über eine Million Menschen begleiteten den Trauerzug durch Kalkutta, hunderte Staats- und Regierungschefs sowie Spitzenvertreter etlicher Religionen gaben der Ordensfrau die letzte Ehre. Über eine Milliarde Zuseher in 35 Ländern verfolgten das vom vatikanischen Kardinal-Staatssekretär Angelo Sodano geleitete Requiem am 13. September 1997 an den Bildschirmen.
Neues Bild und Heiligsprechung
Nach dem kürzesten Seligsprechungsverfahren der Neuzeit sprach Johannes Paul II. Mutter Teresa am 19. Oktober 2003 in Rom vor 300.000 Menschen selig. In die Schlagzeilen gerieten die "Missionarinnen der Nächstenliebe" 2013, als kanadische Forscher eine Zusammenschau an vorgebrachten Kritiken an Mutter Teresa veröffentlichten; bemängelt wurde dabei u.a. schlechte Hygiene in den Ordens-Armenhäusern und Fehler in der medizinischen Behandlung der Patienten.
Dem Prozess der Heiligsprechung für Mutter Teresa tat dies jedoch keinen Abbruch: Papst Franziskus bestätigte im Dezember 2015 das kirchenrechtlich nötige zweite Heilungswunder und setzte zu Jahresbeginn 2016 den 4. September als Termin für die Kanonisation an. Die Feier war ein Höhepunkt im "Heiligen Jahr der Barmherzigkeit". Als Gedenktag für Mutter Teresa setzte Papst Franziskus ihren Todestag fest.
In Indien und vielen anderen Ländern wird zu Ehren Mutter Teresas der 5. September zum bisher zehnten Mal als "Internationaler Tag der Nächstenliebe" begangen. Philanthropische und humanitäre Bemühungen jeglicher Art sollen zu diesem Anlass gewürdigt werden. Beschlossen wurde dies am 17. Dezember 2012 durch eine von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedeten Resolution, die 44 UN-Mitgliedsstaaten unterstützt hatten. Auch nicht-christliche indische Seiten beschreiben die Ordensfrau als "Sinnbild christlicher Großzügigkeit".
Quelle: kathpress