Schulamtsleiter: Beim Religionsunterricht "nicht ins Jammern kommen"
Obwohl heute immer mehr jungen Menschen ein von den Eltern vermitteltes solides Glaubenswissen fehlt, will der Leiter des Schulamts der Diözese St. Pölten, Benedikt Michal, beim Religionsunterricht "nicht ins Jammern" kommen. Vielmehr habe jede Zeit besondere Möglichkeiten der Verkündigung, und religiöses "Nichtwissen" könne auch eine Chance bedeuten. Im Gespräch mit der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt" (aktuelle Ausgabe) anlässlich des 50-Jahre-Jubiläums der Gründung des diözesanen Schulamts waren zudem auch der allgemeine Religionslehrermangel sowie die Einführung des verpflichtenden Ethikunterrichts mit dem Schuljahr 2021/22 Themen.
Als konkrete Chance der Gegenwart sah Michal, dass es bei Kindern heute auch lange gehegte Vorurteile gegenüber Religion nicht mehr gäbe. Über die christliche Meditationspraxis beispielsweise könne man im Religionsunterricht auf ganz neue Weise sprechen, zumal Kindern nicht nur der Rosenkranz, sondern auch die mit ihm verbundenen Klischees fremd seien. Ein Schüler aus einer nicht-gläubigen Familie habe ihm am Ende eines Schuljahres eröffnet, die wichtigste Stunde für ihn sei die über den Rosenkranz gewesen, da er diesen nun jeden Tag bete, berichtete der Schulamtsleiter aus eigener Lehrerfahrung.
Eingehend sprach Michal über die Problematik fehlender Lehrkräfte im Fach Religion. 20 bis 25 Vollzeit-Unterrichtende aus dieser Gruppe gingen jährlich in der Diözese St. Pölten in Pension, ihre Nachfolger unterrichteten ihr Fach wegen der neuen Ausbildungsform oft nur wenige Stunden. Die österreichweite Schulamtsleiterkonferenz suche fieberhaft nach Lösungen: So habe man mit der Kirchlich Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems kürzlich ein neues Curriculum verabschiedet, wo es darum gehe, erfahrenen Lehrkräfte eine Zusatzausbildung in Religionspädagogik zu ermöglichen.
Michal sah die Gefahr einer "Überforderung des Religionsunterrichts". Die Zeit sei für Religionslehrkräfte mit maximal zwei Unterrichtsstunden pro Woche begrenzt, und besonders wenn in Familien der Kinder eine Abwehrhaltung gegenüber dem Fach gebe, "kann man als Lehrer machen, was man will", so der Schulexperte. Schließlich betrachte die katholische Soziallehre die Schule als Unterstützung der Eltern in ihrer Erziehung - "und nicht als Gegnerschaft". Die Eltern stellten somit eine natürliche Grenze dafür dar, was zulässig und möglich sei.
Durch den im Schuljahr 2021/22 eingeführten verpflichtenden Ethikunterrichts an allen Schulen habe es in seiner Diözese bislang keine Einbrüche bei den Zahlen im Religionsunterricht gegeben, berichtete Michal. Allerdings sei die Situation für viele Religionslehrer neu: Hatte man bisher eine Freistunde als "Konkurrenz", liege die Entscheidung nun zwischen Religion und Ethik. Oft hänge die Wahl wesentlich vom Lehrer ab, so Michals Erfahrung.
Das Diözesanschulamt ist Teil des von Bischof Alois Schwarz initiierten Zukunftsprozesses in der Diözese St. Pölten, trägt seit 1. September die Bezeichnung "Ressort Schulamt" und ist damit nunmehr in die unterschiedlichen Ressorts der Diözese eingebettet. In Zukunft will der Schulamtsleiter stärker auf die Frage der Medienpädagogik fokussieren - auf die Frage "Wie können wir unseren Glauben kommunizieren und vermitteln?" Niederschwellige Angebote müssten geschaffen werden, doch es brauche auch "Menschen, die den Glauben so vertieft haben, dass sie ihn weitergeben können".
Quelle: Kathpress