Caritas: Internationale Solidarität keine Frage der Beliebigkeit
Internationale Solidarität ist keine Frage der Beliebigkeit. Das betonte der St. Pöltner Caritasdirektor Hannes Ziselsberger in einem Kommentar in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt". Hilfe dürfe nicht regional gegenseitig ausgespielt werden. Der Schwerpunkt der Arbeit der Caritas erfolge in Österreich. Über 95 Prozent aller Mittel würden hier eingesetzt. Die Welt sei aber "unser gemeinsames Haus und die strukturellen Abhängigkeiten werden mehr", so Ziselsberger: "Als Caritas leben wir mit beiden Lungenflügeln, der Inlandshilfe im eigenen Land und der Auslandshilfe in internationaler Solidarität. Beide Lungenflügel müssen zusammenwirken. Beide Lungenflügel brauchen solidarische Hilfe und Unterstützung."
Der Caritasdirektor verwies auf Papst Johannes XXIII., der schon 1963 formuliert habe: "Es bestehen zwischen den Nationen gegenseitige Rechte und Pflichten. Deshalb sollen auch ihre Beziehungen von der Norm der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der tatkräftigen Solidarität und der Freiheit bestimmt werden."
Papst Franziskus habe in seinem Schreiben "Laudato si" das "gemeinsame Haus" in den Mittelpunkt gestellt. Dieses gemeinsame Haus sei sowohl ökologisch als auch sozial zu pflegen. Ziseslberger: "Es ist nicht egal, was an einem anderen Ort in der Welt geschieht, auch das Leben hier hängt davon ab. Internationale Solidarität ist eine christliche Tugend und keine beliebige Angelegenheit."
Dabei seien Ausdauer und Frustrationstoleranz sowie eine gewisse Hoffnung unabdingbar. Der St. Pöltner Caritasdirektor verwies auf die aus Deutschland stammenden und in Pakistan wirkende Lepra-Ärztin Ruth Pfau (1929-2017). Sie habe den Satz geprägt: "Weitermachen ist sinnlos. Aufhören ist noch viel sinnloser. Also machen wir weiter." Mit dieser Ausdauer sei es ihr gelungen, Lepra in Pakistan nachhaltig zu bekämpfen.
Immer wieder würden langfristige Bemühungen erschüttert und durch politische oder terroristische "Wahnsinnshandlungen" torpediert. Aber ein langer Atem der Hilfe und eine verlässliche Zusammenarbeit würden regionale Strukturen verändern und das gemeinsame Haus stärken, so Ziselsberger: "Wir nehmen das im Senegal wahr, wo durch Bildung und Ernährungssicherheit sich ein Wandel abzeichnet."
Der Caritasdirektor nahm in seinem Kommentar auch die weltweiten Handelsbedingungen in den Blick. Der Krieg in der Ukraine und die Covid-Pandemie zeigten auf, wie vernetzt die Weltwirtschaft sei. Nach einigen erfolgreichen Jahren im Kampf gegen Hunger zeichne sich eine Nahrungsmittelknappheit ab, die vor allem die Länder des Südens betrifft. Ungerechte Strukturen würden die ärmsten Länder am meisten treffen.
Die UNO-Millenniumsziele hätten im Vergleich der Daten von 1990 zu 2015 eine Verbesserung in vielen Bereichen gebracht. So sei die Rate der extremen Armut in Entwicklungsländern von 47 Prozent auf 14 Prozent gesunken und die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen von 1.962 Millionen auf 836 Millionen gesunken. Die Bildungsbeteiligungsquote sei gestiegen und viele andere Indikatoren seien ebenfalls positiv. Um diese positiven Effekte zu sichern, "müssen wir gemeinsam gegen ungerechte Wirtschaftsstrukturen auftreten", so der Appell Ziselsbergers. Moderne Entwicklungszusammenarbeit setze deshalb auch nicht mehr ausschließlich darauf, Not zu lindern, sondern auch auf eine Stärkung gerechter Strukturen.
Ziselsberger äußerte sich anlässlich der derzeit laufenden Hungerkampagne bzw. Augustsammlung der Caritas. Unter dem Slogan "Wir haben den Hunger satt" wirbt die Hilfsorganisation für die Unterstützung der Menschen in von Hunger betroffenen Regionen.
(Infos: www.caritas-stpoelten.at)
Quelle: kathpress