Katholische Aktion: "Höchste Zeit, das Wahlrecht zu verändern"
Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) hat sich dafür ausgesprochen, das Wahlrecht auf in Österreich gemeldete und arbeitende Menschen auszudehnen und auch bisher nicht Wahlberechtigten "Demokratie zuzutrauen". In einer Aussendung am Mittwoch betonte das KAÖ-Präsidenten-Team Ferdinand Kaineder, Katharina Renner und Brigitte Knell: "Es kann nicht sein, dass 1,4 Millionen Menschen in Österreich leben und arbeiten, aber ohne Wahlrecht nicht mitbestimmen können." Es sei deshalb "höchste Zeit, das Wahlrecht zu verändern und Menschen einzubeziehen statt auszugrenzen". Aus Sicht der katholischen Laienbewegung wäre dies dem gesellschaftlichen Frieden dienlich, auch gehe es "um Solidarität und um unser Menschenbild mit gleicher Würde aller".
Die Katholische Aktion erlebe in ihren Mitgliedsorganisationen (Katholische Frauen- und Männerbewegung, Katholische Jungschar und Jugend, Katholische Hochschüler, Akademiker und Arbeitnehmer) in den Pfarren und Knotenpunkten der Kirche, dass sich Menschen aus anderen Ländern integrieren, sich einbringen, hier arbeiten, Steuern bezahlen und oft auch darüber hinaus ehrenamtlich zum Gemeinwohl betragen würden. Diese Personen sollten auch in vollem Umfang in demokratische Entscheidungen einbezogen werden, forderte das KAÖ-Führungstrio. "Jeder Mensch ist Bürger und Bürgerin, dem nicht nur Pflichten zuzumuten sind, sondern dem man auch das Recht zutrauen kann, mitzureden und mitzubestimmen."
Wahlberechtigt werden sollen - so der Vorschlag der Katholischen Aktion - jene Menschen, die in Österreich geboren oder mit Hauptwohnsitz gemeldet sind und sich hier seit drei bis fünf Jahren aufhalten. Weiters müsse in diesem Zusammenhang eine "Entbürokratisierung und Vereinfachung des Zugangs zur Staatsbürgerschaft" ermöglicht werden.
Mit der Ausweitung des Wahlrechtes werde auch eine Ausweitung der Verantwortung für Österreich und das Gemeinwohl einhergehen, prognostizierten Kaineder, Renner und Knell. "Wer wählen darf, wird eher ein Verantwortungsgefühl für das Gemeinsame entwickeln, als wenn er oder sie davon ausgeschlossen ist." Gerade im zivilgesellschaftlichen Engagement würden bereits jetzt viele derzeit Nichtwahlberechtigte in "systemrelevanten" Bereichen wie Vereinen und Initiativen sehr viel beitragen.
Wer dagegen nicht mitbestimmen darf, werde die staatlichen und öffentlichen Einrichtungen stets als "fremd" betrachten, gaben die KAÖ-Präsidenten zu bedenken. Wem Teilhabe zugebilligt wird, werde sich eher an liberal-demokratischen Prinzipien und Prozessen ausrichten und am Gemeinsamen mittragen. In diesem Zusammenhang nannte das Führungstrio 24-Stunden-Pflegekräfte, Bauarbeiter, Kellner, Reinigungskräfte, "die Österreich am Laufen halten, Steuern bezahlen und über die Zukunft nicht mitentscheiden können sollen". Ein erweitertes Wahlrecht wäre laut KAÖ ein Beitrag zur politischen Bildung und Partizipation aller.
"Auch wenn wir derzeit bei den politischen Entscheidungsträgern wenig bis gar keinen Reformwillen sehen, muss auf dieses gesellschaftliche Unrecht immer wieder hingewiesen werden", unterstrich KAÖ-Präsident Kaineder. Die politisch Verantwortlichen müssten "angestupst, ermutigt, ja gedrängt werden, hier die nächsten Schritte zu gehen".
In Österreich gilt das Abstammungsprinzip
Erst am Dienstag hatte auch SOS Mitmensch geänderte Zugangsregeln zur Staatsbürgerschaft und zu Wahlen gefordert. Jedes "Aufweichen" lehnte die regierende ÖVP durch Generalsekretärin Laura Sachslehner daraufhin einmal mehr ab.
Wie von der APA ausgewertete Daten der Statistik Austria zeigen, werden an der Bundespräsidentenwahl 1,4 Millionen in Österreich lebende Personen über 16 Jahre mangels Staatsbürgerschaft nicht teilnehmen können. Vor 20 Jahren seien es nur 580.000 gewesen. Besonders viele Nicht-Wahlberechtigte gibt es in den Städten und im Westen Österreichs: In Innsbruck und Salzburg sind demnach rund 30 Prozent der Bevölkerung im Wahlalter nicht stimmberechtigt, in Linz und Graz ein Viertel (Stand 1. Juli). In Wien liegt der Durchschnitt sogar bei knapp einem Drittel.
Anders als in Ländern wie Frankreich, Spanien oder im angelsächsischen Bereich, wo die Staatsbürgerschaft nach dem Geburtsort erworben wird, gilt in Österreich das Abstammungsprinzip: Das heimische Staatsbürgerschaftsrecht gilt im internationalen Vergleich als sehr restriktiv.
Quelle: kathpress