Felbermayr: Politik braucht mehr wissenschaftliche Assistenz
Für ein Mehr an wissenschaftsbasierter Politikberatung hat der Wirtschaftswissenschaftler und Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung (WIFO), Prof. Gabriel Felbermayr, plädiert. So sehr eine demokratische Gesellschaft vom Wettstreit der Meinungen und von Debatten lebe, so wichtig sei es gerade angesichts der vielfältigen Krisen, mit denen die Gesellschaft heute konfrontiert sei, sich in den öffentlichen Debatten auf fachliche, wissenschaftlich abgesicherte Expertise berufen zu können, so Felbermayr bei einem Vortrag am Mittwoch in Salzburg.
"Es geht nicht nur darum, Wissenschaft öffentlich zu finanzieren, sondern es braucht Kanäle und unabhängige Institutionen, die dafür sorgen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse ohne Lobby-Missbrauch in politischen Prozessen wirksam werden können", betonte Felbermayr. Zugleich gelte es aus Sicht der Wissenschaften, die Kommunikation der eigenen Forschungsergebnisse zu professionalisieren. Schließlich seien die bedrängenden Probleme der Gegenwart keine Fragen allein für Fachleute, sondern es gehe bei Themen wie dem Klimawandel um gravierende, "die gesamte Menschheit" betreffende Fragen, die auch einer fundierten öffentlichen Debatte bedürfen.
Selbst die Frage, warum trotz der Evidenz wissenschaftlicher Fakten rund um den Klimawandel so wenig geschehe, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, könne ein Blick in die Verhaltensökonomie weiterhelfen: Diese zeige nämlich auf, dass die Zukunft für das politische Handeln kaum eine Rolle spielt, hingegen der direkte kurzfristige Effekt ein wichtiges Kriterium für Politiker, aber auch für die Öffentlichkeit darstelle. Aus diesem Dilemma führe laut Felbermayr nur ein Mehr an Bildung heraus: "Um zu tun, was geboten ist, brauchen wir mehr Allgemeinbildung. Und auf dieser Basis können wir dann die Politik in die Pflicht nehmen."
Sozialpsychologin: Angst kann Ressource sein
Aufgenommen wurde der Ball im Anschluss von der Salzburger Sozialpsychologin Prof. Eva Jonas. Sie skizzierte auf Basis eigener Studien ein Set verschiedener existenzieller Bedrohungen: Die Entdeckung der eigenen Sterblichkeit, die Angst vor Kontrollverlust, die Unsicherheit, wer man eigentlich ist, Sinnverlust und die Angst vor Isolation. Auf diese Ängste würden Menschen mit zwei Techniken reagieren: sie suchten entweder die Nähe zu Gruppen, die Sicherheit böten; oder sie würden über Transmissionsriemen wie Wut oder emotionaler Ergriffenheit versuchen, die Ängste aus dem Weg zu räumen.
Ängste würden daher durchaus produktive Potenziale enthalten, da sie zur Aktivierung von Widerstandspotenzialen motivieren könnten. In diesem Sinne sei auch Religion eine bleibend wichtige Ressource, auf die Menschen in Sinnkrisen bzw. in Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit zurückgreifen könnten. Tatsächlich würden Studien zeigen, dass gerade die Angst vor der eigenen Sterblichkeit vorrangig vom Hirn bearbeitet werde und also tief im Menschen verankert sei, so Jonas. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress