Soziologe: Kirchenmitgliedschaft und Glaubensverlust hängen zusammen
Religiosität nimmt nicht einfach ab, sondern sie geht im Zuge der Säkularisierung und Individualisierung in private Formen von Religiosität und Spiritualität über: Mit dieser häufig zu hörenden These räumte der Münsteraner Religionssoziologe Prof. Detlef Pollack bei einem Vortrag am Dienstag in Salzburg auf. Mit dem Rückgang an kirchlicher Bindung bzw. Kirchenmitgliedschaft gehe auch ein Rückgang des Glaubens an Gott einher. Dies würden statistische Erhebungen international belegen: Mit schwindender Kirchenmitgliedschaft - ein Trend, der laut Pollack sich zukünftig noch beschleunigen wird - sei ein Rückgang der Bedeutung von Religion im Leben der Befragten verbunden und auch die daraus resultierende Bereitschaft, Kinder religiös zu erziehen oder kirchlich zu binden.
Die familiäre Glaubensweitergabe sei dabei der entscheidende Punkt, betonte Pollack: "Der Rückgang der Kirchenmitgliedschaft vollzieht sich inter-generationell, nicht intra-generationell". Kinder würden nicht mehr religiös erzogen und ein kirchlich orientiertes Leben sei in Familien gerade in der Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen stark rückläufig. "Wenn Kinder und Jugendliche Religion nicht mehr familiär kennenlernen, ist es auch sehr unwahrscheinlich, dass sie später zum Glauben finden."
Als Tendenzen eines anhaltenden religiösen Wandels machte der Soziologe eine sich weiter forcierende Entkirchlichung und einen Bedeutungsverlust von Religion im Leben der Menschen ebenso aus wie eine "Verflüssigung der Transzendenzvorstellungen": Der Rückgang an kirchlicher Bindung hat nämlich laut Pollack Folgen für das Gottesbild, welches sich von einem (christlich-)personalen hin zu einem a-personalen Verständnis verschiebe. Dieser Trend sei gerade in Europa besonders stark und führe u.a. dazu, dass die Kirchen nicht mehr in der Lage seien, "ihre theologischen Geltungsansprüche zu erklären".
Ausdifferenzierung der Gesellschaft
Zudem sei der Trend "funktionaler Differenzierung" ungebrochen, also der Ausdifferenzierung der Gesellschaft in viele autonome Teilbereiche. Für die Religion bedeute dies einen rapiden Bedeutungsverlust. "Religion kann ihre Werte nicht mehr als für alle verbindlich annehmen." Neue Formen individueller Religion bzw. gelebter Religiosität seien zwar feststellbar, aber nicht in der Lage, an die Stelle der bisherigen etablierten Kirchen zu treten, so der Soziologe.
Die "Salzburger Hochschulwochen" dauern noch bis 7. Juli und stellen sich heuer thematisch der Frage: "Wie geht es weiter? Zur Zukunft der Wissensgesellschaft". In Vorträgen, Workshops und Diskussionen treffen Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler u.a. aus Theologie, Philosophie, Soziologie und Naturwissenschaften aufeinander. Die 1931 gegründeten "Salzburger Hochschulwochen" gelten als älteste und größte Sommeruniversität im deutschen Sprachraum. (Infos: www.salzburger-hochschulwochen.at)
Quelle: kathpress