Synodaler Prozess: Kirche braucht "Landeplätze des Heiligen Geistes"
In der Kirche braucht es viele "Landeplätze des Heiligen Geistes". Davon haben sich Erzabt Korbinian Birnbacher und Sr. Franziska Bruckner, die beiden Vorsitzenden der Österreichischen Ordenskonferenz, überzeugt gezeigt. Am vergangenen Montag und Dienstag waren die österreichischen Bischöfe mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Diözesen und katholischen Einrichtungen in Mariazell zu vorsynodalen Beratungen zusammengekommen. Birnbacher und Bruckner waren mit dabei. Im Doppelinterview mit Kathpress zogen sie eine sehr positive Bilanz der Begegnung, die im Rahmen des Synodalen Prozesses stattfand.
Sie sei beeindruckt von der Bereitschaft der Teilnehmenden, sich aufeinander einzulassen, im Gebet, im Schweigen und im wertschätzenden Austausch neue Wege zu suchen "und so dem Heiligen Geist einen Landeplatz ermöglichen", so Sr. Bruckner. Letztlich sei das eine Form des Umgangs miteinander, die auch für Ordensgemeinschaften ganz wesentlich sei, so die Ordensfrau.
Erzabt Birnbacher erinnerte an die Regel des Hl. Benedikt, in der ein eigenes Kapitel gleichsam der Synodalität gewidmet sei. Formen bzw. Methoden, die in einer kleineren Gemeinschaft gut funktionieren, könnten allerdings nicht eins zu eins auf größere Einheiten oder gar die Kirche als Ganze umgelegt werden. Doch auch Birnbacher zeigte sich bewegt von den Beratungen in Mariazell. Er sprach von einem offenen Prozess ohne von vornherein auferlegten Grenzen oder Denkverboten, bei dem auch ein breites Meinungsspektrum zum Vorschein kam; nicht zuletzt auch durch die Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der evangelischen und orthodoxen Kirche.
"Die Kirche ist in Bewegung", so der Erzabt. Sei es beispielsweise in der Frauenfrage oder auch im Blick auf Menschen, die sich aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht akzeptiert fühlen. "Da habe ich jetzt schon den Eindruck gehabt, da tut sich was. Diese Anliegen kann man äußern, ohne dass man gleich eine über die Finger bekommt." Nachsatz: "Natürlich kennen wir die Lehre der Kirche. Aber dieses gemeinsame Hinhören zeigt doch, dass sich etwas tut."
Birnbacher sprach von der "Versuchung, dass wir es gerne uniform haben, weil wir uns mit Diversität, Vielfalt und Buntheit schwertun. Und deshalb sprechen wir dem anderen oder der anderen das Existenzrecht ab und meinen, nur selbst im Besitz des Heiligen Geistes zu sein". Doch dieser bahne sich letztlich schon seinen Weg.
Gerade im Blick auf die Ökumene halte er es zudem sehr gerne mit einem Zitat von Joseph Ratzinger: "Die Kirchen müssen Kirchen bleiben und eine Kirche werden." Die eigene Identität und Tradition sei wichtig, doch zugleich gelte es zu bedenken, dass man nicht selbst das Maß aller Dinge sei, "sondern da gibt es etwas Größeres und wir alle sind zu dieser Einheit unterwegs, niemand ist schon angekommen".
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Deutlich wurde im bisherigen Synodalen Prozess auf Ebene der Diözesen, dass die Frauenfrage ein ganz zentraler Aspekt ist. Für Erzabt Birnbacher ist dies vor allem auch eine Frage der Glaubwürdigkeit, "weil wir von der Würde des Christseins durch die Taufgnade sprechen und zugleich mit einer Selbstverständlichkeit Frauen aus bestimmten Bereichen ausschließen". Doch zum Christsein gehöre auch die Aufgabe, Dinge immer wieder zu hinterfragen.
Sr. Bruckner fügte hinzu, dass sie immer wieder den Schmerz jener Frauen erlebe, die sich zum Priestertum berufen fühlten. Man dürfe nicht außer Acht lassen, "was man diesen Frauen auch menschlich damit antut". Die Berufung komme schließlich von Gott, "und da stellt sich schon die Frage, ob der derzeitige Weg der richtige ist".
"Wenn Frauen sich berufen fühlen und das auch sichtbar machen, dann sind das ja beeindruckende Glaubenszeugnisse und keine gesellschaftspolitischen Kampfansagen", so Erzabt Birnbacher, und weiter: "Also ich glaube schon, dass uns der Heilige Geist hier aufwühlt und herausfordert." Freilich: Es gehe jetzt nicht darum, einen massiven Forderungskatalog zu erarbeiten. "Es geht um das wirkliche An- und Zuhören und dass man das auch wirklich an sein Herz heranlässt, was den anderen und die andere bewegt."
Und wenn man es jetzt noch nicht schaffe, in einer bestimmten Frage zu einer Entscheidung zu kommen, dann solle man ohne Streit auseinandergehen und sagen: "Gott, wir haben es heut noch nicht geschafft." Aber das verbiete "weder ein Weiterdenken noch ein Weiterhoffen".
So gehe die Kirche einen Schritt nach dem anderen. Die Kirche, die er als Kind erlebt habe, sei bei aller Kontinuität zugleich auch eine ganz andere als heute. Birnbacher: "Was hat sich da nicht auch alles gewandelt. Und das gibt mir Hoffnung. Es bewegt sich was." Der Erzabt verdeutlichte das auch mit der konkreten Situation der Männer- und Frauenorden. Der Zusammenschluss in wichtigen Bereichen in der Österreichischen Ordenskonferenz wäre vor 20 Jahren noch undenkbar gewesen.
"Mit den Menschen unterwegs sein"
Zur Frage, was die Orden in den Synodalen Prozess einbringen können, meinte Sr. Bruckner schlicht, dass es immer schon und auch heute Auftrag und Aufgabe der Orden sei, "mit den Menschen unterwegs zu sein, mit Kindern und Jugendlichen, mit alten und kranken Menschen, mit sozial Benachteiligten". Es gelte, die Herausforderungen der Zeit wahrzunehmen, genau hinzuschauen und dann anzupacken. Das geschehe im Kleinen wie auch im Großen "und es würde der Kirche in Österreich etwas fehlen, würde es die Ordensgemeinschaften nicht geben", so Bruckner.
Die österreichischen Bischöfe und die Delegierten berieten in Mariazell über einen Textentwurf, in dem die bisherigen Ergebnisse aus der ersten diözesanen Phase des von Papst Franziskus angestoßenen weltkirchlichen synodalen Prozesses für Österreich gebündelt wurden. Daraus wird nun eine finale nationale Synthese entstehen, in die die Impulse von Mariazell noch eingearbeitet werden. Diese Synthese wird schließlich zur Weiterarbeit nach Rom gesandt.
Quelle: kathpress