Bischofskonferenz: Intensive vorsynodale Beratung in Mariazell
Dankbar für die große Offenheit, das gemeinsame Hören aufeinander, die Stille und das Gebet hat sich Erzbischof Franz Lackner zum Abschluss der vorsynodalen Beratung der Bischofskonferenz in Mariazell gezeigt. Am 20. und 21. Juni berieten die Bischöfe und Delegierte aus Diözesen und katholischen Organisationen über einen Textentwurf, in dem die bisherigen ortskirchlichen Ergebnisse aus der ersten, diözesanen Phase des von Papst Franziskus angestoßenen weltkirchlichen synodalen Prozesses für Österreich gebündelt wurden. Daraus wird nun eine finale nationale Synthese entstehen, in die die Impulse von Mariazell noch eingearbeitet werden. Dieses Papier wird dann an das Synodensekretariat in Rom geschickt.
Papst Franziskus habe dazu aufgerufen, "offen zu reden und in Demut zuzuhören", so Erzbischof Lackner gegenüber Kathpress: "Ich glaube, das ist wirklich in Mariazell geschehen." Es sei nochmals deutlich geworden, so der Bischofskonferenz-Vorsitzende, dass es nicht nur darum gehe, für Rom einen Bericht zu erstellen, der dann auf weltkirchlicher Ebene weiter behandelt wird. Es gehe auch darum, die Bedeutung der Synodalität für die Kirche in Österreich zu entdecken und weiter zu entwickeln. "Da ist etwas Neues losgetreten worden, da bauen wir mit, da gehen wir mit", so Lackner. Nachsatz: "Wir werden hart daran arbeiten."
Zugleich bat der Vorsitzende der Bischofskonferenz um Geduld. Man werde die beim Synodalen Prozess aufgekommenen Ziele verfolgen, "aber überfordern wir uns nicht auch zu schnell gegenseitig". Ein zentraler Aspekt des Synodalen Prozesses sei das Vertrauen in den Heiligen Geist. "Vertrauen wir darauf, dass Gott seine Kirche führt", so der Appell Lackners. Jede Pfarre, jede Gruppe und Diözese müsse synodal wirken und dabei als gemeinsame Erfahrung sagen können: "Der Heilige Geist und wir", so Lackner: "Wir brauchen viele solcher Erfahrungen, die sich dann bündeln.
Umfassende Beratungen
Die heimischen Bischöfe berieten in Mariazell mit rund 45 weiteren Vertreterinnen und Vertreter aus allen österreichischen Diözesen, aus den katholischen Organisationen, von Caritas, Medien, Wissenschaft und Orden, aber auch aus der evangelischen und orthodoxen Kirche.
Eröffnet wurden die Gespräche mit Impulsen aus der Ökumene: Der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) und der evangelische Bischof Michael Chalupka äußerten sich über Synodalität aus Sicht ihrer Kirchen.
Frauen zuversichtlich
Eine zuversichtliche Zwischenbilanz zog die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Angelika Ritter-Grepl. Sie berichtete von offenen und aufrichtigen Gesprächen, bei denen die Frauenfrage einer der ganz wesentlichen Aspekte sei. "Das Wichtigste ist, dass wir Frauen und Männer der Kirche in Österreich, die nicht in der Kirchenhierarchie vertreten sind, einen Ort bekommen haben, wo wir wirklich gehört werden, wo wir unsere Anliegen vorbringen können und wo mit uns gesprochen wird." Unabhängig vom Ausgang der Weltbischofssynode im kommenden Herbst 2023 sei der begonnene Prozess damit schon ein Erfolg, meinte die kfbö-Vorsitzende im Kathpress-Interview. Freilich: "Alle Signale, die ich bekomme, sprechen dafür, dass wir gehört werden", so Ritter-Grepl.
Vorbild für Gesellschaft
Der Synodale Prozess in der Katholischen Kirche könnte auch Vorbildwirkung über die Kirche hinaus für die Gesellschaft haben. Diese Hoffnung hegte der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl in Mariazell: "Wenn ich mir die Gesellschaft anschaue, wo vieles auseinanderbricht und die Menschen nicht mehr zusammenfinden, dann lautet unsere Botschaft: 'Leute, geht aufeinander zu, lernt wieder, aufeinander zu hören und miteinander den Weg in die Zukunft zu gehen!'"
Neue Qualität des Umgangs miteinander
Mit dem Synodalen Prozess hat in der Kirche auch eine neue Qualität des Miteinanders Einzug gehalten. Diese Zwischenbilanz zog der Kärntner Bischof Josef Marketz nach den Beratungen. Seit gut einem halben Jahr übe man die synodale Haltung in den Diözesen ein und habe diese nun in Mariazell fortgeführt. "Wir begegnen einander mit Wertschätzung, im Vertrauen, dass der andere, wenn er eine andere Meinung hat, es auch ernst meint, und wir so gemeinsam zu Lösungen kommen", so Marketz, der dem nationalen Synodenteam angehört: "Papst Franziskus möchte uns glauben machen, dass durch jeden Menschen auch der Heilige Geist spricht."
Wie Bischof Marketz betonte, müsse nun aber der Synodale Prozess auch in den einzelnen Diözesen weitergehen. Es wäre fatal zu meinen, mit dem Abschicken des finalen Textes nach Rom wäre alles erledigt und jetzt sei allein Rom am Zug. "Genau das darf nicht passieren, sondern wir müssen selbst weitermachen mit dem, was wir im vergangenen halben Jahr gelernt haben."
Kaineder: "Barrierefreier Zugang zur Kirche"
Die gegenseitige Wertschätzung und das aufeinander Hören und Teilen auch von unterschiedlichen Standpunkten hob der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, positiv hervor. Ein wesentlicher Aspekt der Beratungen müsse auch darin liegen, "dass wir überlegen, was können wir hier in Österreich schon von dem tun, was ansteht", so Kaineder gegenüber Kathpress.
Die Bischöfe hätten gemäß dem Kirchenrecht auch jetzt schon viele Möglichkeiten, Männer und Frauen zu pastoralen Diensten zu ermächtigen und ihnen Leitungsfunktionen zu überantworten. Für Kaineder ist dies eine Art eines "wirklich barrierefrei gestalteten Zugangs zur Kirche". Ein synodaler Prozess nach kirchlichem Vorbild, mit einem Austausch auf Augenhöhe, würde auch der Gesellschaft als ganzer guttun, zeigte sich Kaineder zudem überzeugt.
Redaktionsteam bündelt zentrale Anliegen
Erzbischof Lackner betonte im Anschluss an die Beratungen, dass nicht die Bischöfe das abschließende Rom-Dokument redigieren, sondern ein eigenes Redaktionsteam. Auch der vorliegende Entwurf wurde bereits von diesem Team erarbeitet. "Die Bischöfe werden in diesen Korpus nicht eingreifen. Das ist die Stimme der Christinnen und Christen in Österreich", so Lackner. Die Bischöfe würden das Dokument dann nur noch "rahmen", bevor es nach Rom geht.
Dem vierköpfigen Redaktionsteam gehört u.a. die Theologin und Rektorin der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein, Petra Steinmair-Pösel, an. Das wertschätzende Hinhören und aufeinander Hören einzuüben, sei für die Kirche wie auch für die Gesellschaft in einer Zeit der Polarisierung und Spaltung besonders wichtig, sagte sie im Gespräch mit Kathpress.
Wie die Theologin berichtete, sei das Thema Frauen und Geschlechtergerechtigkeit quer durch alle Zusammenschauen des bisherigen Synodalen Prozesses in Österreich präsent. "Hier gibt es eine ganz große Mehrheit bei den Gläubigen, die sich in diesem Bereich für weitere Schritte ausspricht." Dazu komme die große Frage: "Welche Bedeutung hat Kirche überhaupt noch in unseren westlichen, säkularisierten Gesellschaften? Wo kann Kirche glaubhaft auch die Stimme erheben?" Mit großer Dankbarkeit werde von den Menschen etwa der soziale und ökologischen Bereich genannt, wo sich die Kirche glaubwürdig einbringe, zum Teil auch in Fragen der Migration und Integration. "Und dann gibt es Bereiche, wo sich die meisten mehr Zurückhaltung wünschen, etwa im Bereich der Sexualmoral", sagte Steinmair-Pösel.
Aus den Beiträgen sei auch die Spannung herauszulesen, "dass es auf der einen Seite eine Aufbruchsstimmung gibt, auf der anderen Seite aber auch die Befürchtung, dass der Prozess wieder versandet". Steinmair-Pösel: "Wenn wir es schaffen, einen Prozess des aufeinander Hörens und des miteinander Gehens wirklich ernsthaft zu starten, dann ist damit ein großer Schritt gemacht. Denn dann werden die Barrieren, die sich über Jahren zwischen den Lagern aufgebaut haben, aufgebrochen." Das wäre ihre persönliche Hoffnung, so die Theologin.
"Das war erst der Anfang"
Ähnlich äußerte sich die Pastoraltheologin Regina Polak. In Mariazell sei "sehr vieles gut gelaufen", bilanzierte sie. Allerdings: "Es steht noch jede Menge Arbeit vor uns. Der Synodale Prozess ist noch lange nicht zu Ende, er hat gerade erst angefangen", so Polak. Derzeit gehe es vor allem um das Einüben des Gesprächs in aller Offenheit, "irgendwann werden dann aber auch theologische Debatten und Sachdebatte stattfinden müssen. Es müssten auch noch stärker kirchliche Gruppen einbezogen werden, die bisher nicht repräsentiert waren, so Polak und weiter wörtlich: "Das wird noch eine Menge Arbeit. Ich bin grundsätzlich zuversichtlich, aber einfach wird es nicht."
Polak plädierte dafür, den Synodalen Prozess auch in Österreich strukturiert weiterzuführen, "damit sich unter anderem auch so etwas wie eine synodale Streitkultur entwickeln kann, wo auch Sachargumente ausgetauscht werden, und wo dann auch Entscheidungen getroffen werden". Entscheidend werde sein, dass es in vielen Orten in der Kirche zu solchen vergleichbaren synodalen Prozessen kommt. Solche Orte brauche es letztlich aber überall in der Gesellschaft.
Polak gehört dem nationalen Synodenteam an. Das Team koordiniert unter der Leitung von Erzbischof Lackner den Synodalen Prozess auf Österreich-Ebene. Weitere Mitglieder sind der Kärntner Bischof Marketz, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka und die Innsbrucker Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb.
Quelle: kathpress