Schönborn an Neupriester: Weihe macht euch nicht zu "Supermenschen"
Kardinal Christoph Schönborn hat am Samstag im Wiener Stephansdom sechs Männer zu Priestern geweiht. In seiner Predigt hob der Wiener Erzbischof insbesondere den Dienstcharakter des Priesteramtes hervor. Die Neupriester sollten "im Wissen um die eigenen Schwächen, aber auch im Vertrauen auf Christus" ihren Priesterdienst für die Menschen ausüben, täglich für ihre Treue zu Gott beten und auf niemanden herabschauen.
"Die Weihe macht euch nicht zu Supermenschen. Ihr bleibt Menschen mit Geschichte, mit allen Gaben und auch mit Fehlern und Schwächen", wandte sich der Kardinal an die Geistlichen. Mit der Priesterweihe bekämen sie einen auf ihren kirchlichen Dienst bezogenen Auftrag und eine Vollmacht, so Schönborn. "Heilig werden, ist damit noch nicht garantiert. Aber es ist ein großer Ansporn." Ihn selbst habe die "Gnade Gottes" durch mittlerweile 51 Jahre Priesterdienst geführt, sprach der Wiener Erzbischof den Neupriester Mut zu.
An alle im Dom versammelten Priester gewandt, bat der Kardinal: "Schauen wir auf die sogenannten einfachen Leute, die einfachen Menschen, die Familien, die ihren Alltag oft unter großen Mühen leben. Bitte habt Respekt und Wertschätzung vor den einfachen Menschen, ob sie Kirchgänger sind oder nicht, ob sie nach unseren Regeln leben oder nicht. Habt Wertschätzung für sie. Schaut auf niemanden herab!"
Ausdrücklich betonte Schönborn in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Bußsakraments für alle Gläubigen. Auch Priester sollten es regelmäßig praktizieren, so der Kardinal: "Nur wer selber die Barmherzigkeit erfährt, auch im Sakrament, der wird barmherzig sein."
Geweiht wurde im Stephansdom sechs Priester: Mark Eylitz (37), Thorsten Rabel (27) und Pawel Skrzypinski (33) aus dem Wiener Priesterseminar sowie Billy Yap Camba (41), Alonso Ramirez Garcia (41) und Leandro Josue Venegas Chinchilla (31) aus dem Diözesanen Missionskolleg Redemptoris Mater. Die Internationalität der Weihekandidaten spiegelte sich im Gottesdienst wider: So wurde etwa eine der Lesungen auf Spanisch vorgetragen.
Spendenaufruf für Ukraine-Hilfe
Die traditionelle Sammlung für ein Sozialprojekt kam auf Wunsch der Neupriester heuer der kirchlichen Hilfe für die Opfer des Ukraine-Krieges zugute. Der ukrainisch-katholische Pfarrer Taras Chagala, dessen Pfarre St. Barbara in der Wiener Innenstadt eine Anlaufstelle für Flüchtlinge und Zentrum der Solidarität mit der Bevölkerung in der Ukraine geworden ist, bat am Ende der Messe um Spenden für Nahrungsmittel, die in Binnenflüchtlingslager in der Ukraine geschickt werden.
Er spüre, dass viele Menschen in Österreich mittlerweile "ein bisschen müde vom Krieg" werden und den Berichten über die Millionen Vertriebenen und tausenden Toten aus dem Weg gehen, sagte Chagala. "Bei mir in der Pfarre aber bekommen diese Zahlen ein Gesicht", machte er auf die Schicksale der Menschen aufmerksam. Da seien Kinder, die ohne Eltern zurechtkommen müssten, Frauen mit ihren Familien, die eine Unterkunft suchen, aber auch ein junger Mann, dessen Mutter in Wien gestorben ist und der das Begräbnis nicht bezahlen kann. "Das sind die Gesichter des Krieges, die hier in Österreich zu treffen sind", berichtete Chalaga. (Spendenkonto St. Barbara: IBAN AT06 6000 0000 0731 1709, Verwendungszweck "Spende für humanitäre Zwecke in der Ukraine"; www.spende.st-barbara-austria.org)
Heuer 22 Neupriester
Insgesamt wird es in Österreichs nach Kathpress derzeit vorliegenden Informationen in Diözesen und Ordensgemeinschaften heuer voraussichtlich 22 katholische Neupriester geben. Ein Großteil der Weihen findet traditionell am bzw. in den Tagen rund um das Apostelfest Peter und Paul (29. Juni) statt. Auch für September sind mehrere Priesterweihen, insbesondere von Ordensgeistlichen, bereits terminiert.
Die Zahl der Neupriester pendelt in Österreich seit 2009 zwischen 20 und 30, mit Ausreißern nach oben in den Jahren 2011 (33) und 2020 (32). Die Priester des diesjährigen Weihejahrgangs sind zum Zeitpunkt ihrer Weihe zwischen 27 und 56 Jahre alt, ihr Durchschnittsalter beträgt 35 Jahre. Die meisten bringen bereits Berufserfahrungen aus der Zeit vor dem Theologiestudium bzw. dem Eintritt ins Priesterseminar mit.
Sieben der angehenden Priester wurden in Österreich geboren, davon vier in Niederösterreich, zwei in Salzburg und einer in Tirol. Ebenfalls sieben Priesteramtskandidaten sind gebürtige Deutsche, vier stammen aus asiatischen Ländern, zwei aus Lateinamerika und je einer aus Polen und Nigeria. Damit steigt die Internationalität des heimischen Klerus - dem zu Jahresbeginn 2022 insgesamt 3.548 katholische Priester angehörten - weiter. Teils besitzen die im Ausland geborenen Geistlichen jedoch bereits die österreichische Staatsbürgerschaft.
Quelle: kathpress