Caritas-Präsident Landau: "Sozialstaat jetzt armutsfest machen"
Die Caritas verzeichnet angesichts der Rekordinflation einen deutlichen Anstieg von Menschen, die Sozialberatung brauchen. Der Zuwachs betrage österreichweit etwa 30 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres, sagte Caritas-Präsident Michael Landau im Interview in der ORF-Sendung "Wien heute" (Freitagabend). Auch die Schlangen vor Suppenbussen und Lebensmittelausgabestellen würden immer länger. Bei letzteren habe die Wiener Caritas zuletzt erstmals in ihrer Geschichte einen vorläufigen Aufnahmestopp verhängen müssen, berichtete Landau. Neben den von der Regierung angekündigten Einmalzahlungen, die rasch eintreffen müssen, gelte es auch nachhaltige Strukturreformen umzusetzen. "Wir müssen den Sozialstaat jetzt armutsfest machen", fordert der Caritas-Chef.
Die Caritas sei derzeit "bis an die Grenzen gefordert", sagte Landau: "Und wir sehen, das betrifft sehr oft Kinder, sehr oft Mindestpensionistinnen und -pensionisten." Viele Menschen schämten sich für ihre Situation, hätten sie doch nie in ihrem Leben gedacht, einmal auf die Hilfe der Caritas oder anderer Hilfsorganisationen angewiesen zu sein, schilderte Landau.
Mit den im jüngsten Anti-Teuerungspaket angekündigten Einmalzahlungen ist der Regierung aus Caritas-Sicht "durchaus einiges gelungen", wie Landau sagte. Entscheidend sei, dass diese Hilfen rasch ankommen. "Gleichzeitig wird sehr genau zu schauen sein: Reicht das bis zum Herbst? Reicht das über den Herbst hinaus? Hier bin ich im Moment skeptisch."
Als zweiten wesentlichen Punkt mahnt die Caritas zu strukturellen Änderungen, darunter eine Reform der "Sozialhilfe neu", die derzeit "einfach nicht an der Wirklichkeit der Menschen orientiert" sei. Ausdrücklich verwies Landau im ORF-Interview auf die Situation von Mindestpensionisten, für die die derzeitigen Betriebs- und Energiekostenerhöhungen "völlig unstemmbar" sei und sprach sich für eine außerordentliche Erhöhung der Ausgleichszulage aus.
Die Regierung müsse einen Fokus bei armutsbetroffenen und armutsgefährdeten Menschen legten, appellierte der Caritas-Präsident und warnte auch vor zunehmende Kinderarmut. Die Bundesregierung habe sich das Ziel gesetzt, dass Kinderarmut reduziert wird. Zurzeit steige sie jedoch an, sagte Landau: "Ich bin überzeugt: Damit dürfen wir uns nicht abfinden. Das können wir ändern, wenn wir es wollen."
Quelle: kathpress