Asylpolitik: Kirchliche Appelle anlässlich des Weltflüchtlingstags
Mehr als 100 Millionen Menschen sind laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR derzeit weltweit auf der Flucht. Gut die Hälfte wurde innerhalb ihres Heimatlandes vertrieben. Auf diesen traurigen Rekord machten am Freitag anlässlich des diesjährigen Weltflüchtlingstages (20. Juni) verschiedene kirchliche Organisationen aufmerksam. Bereits am Mittwoch hatten Caritas, Diakonie Österreich und "Asylkoordination Österreich" bei einer gemeinsamen Pressekonferenz eine Reform der Grundversorgung gefordert.
Der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck betonte am Freitag in einer Aussendung die Notwendigkeit rascher und nachhaltiger Integration in Österreich. Das bedeute, "die Situation für alle zu verbessern". Als wesentliche Elemente nannte er "die rasche Abwicklung der Asylverfahren und den Zugang zum Arbeitsmarkt". Zudem müsse man gerade jetzt darauf achten, "unterschiedliche Gruppen von Geflüchteten nicht gegeneinander auszuspielen", betonte Beiglböck. "Die Zuverdienstgrenze muss daher für alle Menschen in der Grundversorgung deutlich erhöht werden", so seine Forderung.
Beiglböck verwies einmal mehr auf die große Hilfsbereitschaft der Menschen in der Steiermark: "Viele Menschen stellen Wohnraum zur Verfügung, helfen im Alltag oder unterstützen mit Spenden, obwohl auch sie die Teuerung bereits selbst spüren." Die Bereitschaft der Menschen "füreinander da zu sein", werde noch über einen langen Zeitraum gebraucht werden, so der Caritasdirektor.
Mehr als 100 Millionen Geflüchtete
Ebenfalls zu Wort meldete sich Erich Hohl, Integrationsbeauftragter der Diözese Graz-Seckau. "Jeder Mensch hat ein Recht auf Schutz und muss mit Würde behandelt werden. Sicherheit vor Krieg, Gewalt und Verfolgung zu suchen, ist ein Menschenrecht", so Hohl in einer Aussendung am Donnerstag. Deshalb müssen Asylanträge "fair geprüft" und Geflüchtete im Rahmen von geltenden Konventionen und völkerrechtlichen Verpflichtungen "human behandelt" werden. Neben einer guten Erstversorgung müsse die Integration stärker zum Zug kommen. "Das Engagement für Geflüchtete ist eine globale, solidarische Aufgabe."
Erstmals seit Beginn der Aufzeichnungen vor 20 Jahren meldete die UNO mehr als 100 Millionen Flüchtende. Insbesondere der Krieg in der Ukraine habe die Dramatik deutlich erhöht. "Kein Mensch flieht freiwillig - aber ganz freiwillig können wir uns entscheiden, diesen Menschen zu helfen", warb UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi für weltweite Solidarität. Diese Solidarität müsse sowohl staatlich-gemeinschaftliches Handeln umfassen, als auch auf hilfsbereites Handeln von Einzelnen und Gemeinschaften bauen können. Ende 2021 hatte die UNO noch 89,3 Millionen Vertriebene gezählt.
Jugendliche Flüchtlinge unterstützen
Auf die Lage von jugendlichen Geflüchteten machte das Hilfswerk "Jugend Eine Welt" anlässlich des Weltflüchtlingstag aufmerksam. So unterstütze man vor Ort zahlreiche Hilfsprojekte für Geflüchtete und leistet neben Nothilfe auch einen wichtigen Beitrag zur hochwertigen Schul- und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Aufmerksam machte die Organisation auf ein Ausbildungsprojekt im Flüchtlingslager Palabek im Norden Ugandas, rund 35 Kilometer von der Grenze zum Südsudan entfernt. Hier haben mehr als 56.000 Kriegsvertriebene aus dem Südsudan Zuflucht gefunden, 83 Prozent davon Frauen und Kinder.
Fast die Hälfte der Bewohnenden sind unter zwölf Jahre alt. "Viele Kinder flüchteten alleine aus dem Südsudan hierher", schilderte Projektpartner P. Ubaldino Andrade Hernandez, der mit weiteren Salesianern Don Boscos im Lager in Uganda lebt und die Projekte verantwortet. Es gehe um Schulbildung, Nahrung, Traumabewältigung, Freizeitaktivitäten, Kleidung und Berufsausbildung. "Ziel ist es, für diese jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu schaffen, damit sie später auf eigenen Beinen stehen können", erklärte "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer. In der Ende 2019 eröffneten Berufsschule erlernen jährlich 750 junge Menschen ein Handwerk.
Lob für kirchliche Flüchtlingshilfe
Auf die "ganz tolle Arbeit" von Caritas und Diakonie in Hinblick auf die Flüchtlingshilfe wies Asylrechtsexperte und Sprecher der "Asylkoordination Österreich", Lukas Gahleitner-Gertz bei einer Pressekonferenz von Caritas Österreich, Diakonie Österreich und "Asylkoordination Österreich" in Wien am Mittwoch hin. Er übte einmal mehr scharfe Kritik an der staatlichen Asylpolitik. Die Zivilgesellschaft springe ein, damit der Staat Zeit bekommt, so Gahleitner-Gertz. Das Problem mit der reformbedürftigen Grundversorgung sei nicht neu, es werde durch die Anzahl der Menschen jetzt sichtbarer. "Wir haben jetzt ähnlich viele Menschen wie 2015, aber zwei Drittel privat untergebracht", erklärte er. Es brauche eine "Harmonisierung von Abläufen", denn es "brodelt unter der Oberfläche" und es müssen "Perspektiven" für die Menschen geschaffen werden, forderte Gahleitner-Gertz.
Quelle: kathpress