Hilfsorganisationen fordern Reform der Grundversorgung
Caritas, Diakonie und "Asylkoordination Österreich" nehmen den Weltflüchtlingstag (20. Juni) zum Anlass, um auf den Reformbedarf in der Asylpolitik, konkret in der Grundversorgung aufmerksam zu machen. Das System der Grundversorgung gehöre grundlegend reformiert, so der Tenor einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien am Mittwoch. Zudem müssten aus der Ukraine Geflüchtete Zugang zu Sozialhilfe bekommen und die Zuverdienstgrenze für alle Flüchtlinge erhöht werden, beides würde die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern.
"Wir sehen, wie wichtig es ist, dass Menschen rasch auf eigenen Beinen stehen und einen Beitrag leisten können", betonte Caritas-Präsident Michael Landau. Deshalb brauche es die von vielen Seiten geforderte Anhebung der Zuverdienstgrenze und die Öffnung des Zugangs zum Arbeitsmarkt während der Verfahren. Dabei sollten nicht einzelne Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, folglich sollten Änderungen für alle Geflüchteten gleichermaßen gelten.
Wesentlichen Verbesserungsbedarf sieht Landau auch in der Anpassung der Beträge an die Rekordinflation. Er fordert eine "spürbare Erhöhung der Grundversorgung, die der Inflation entspricht". Er wolle die Regierung ermutigen, diesen Schritt zum Wohl aller Kinder rasch zu setzen, so Landau. Es sei wichtig, wie Österreich mit besonders vulnerablen Gruppen umgeht. "Wir sind überzeugt, Maßstab muss hier die Würde jedes und jeder Einzelnen sein." Als ersten wichtigen Schritt schlug er deshalb eine Bund-Länder-Clearingstelle für besonders schutzbedürftige Menschen vor, wo dieser Schutzbedarf professionell festgestellt wird und die Zuweisung erfolgt. "Ich hoffe, dass das gelingt", appellierte der Caritas-Präsident an den Innenminister.
Die Bundesregierung habe bei der Versorgung ukrainischer geflüchteter Menschen "etliches richtig gemacht", erkannte Landau an. Die rasche Einsetzung des Flüchtlingskoordinators sei etwa ein "wesentlicher Schritt" gewesen. Die Entscheidung darüber, wer dem derzeitigen Flüchtlingskoordinator Michael Takacs nachfolgt, der Bundespolizeidirektor wird, müsse möglichst rasch getroffen werden, so der Appell der Organisationen.
Hilfe in Österreich
"Nach der ersten Phase der Aufnahme der Ukraine-Vertriebenen in Österreich müssen wir den Menschen jetzt helfen, sich ein eigenständiges Leben aufzubauen", unterstrich die Direktorin der Diakonie, Maria Katharina Moser. Der Vorteil, dass Ukrainerinnen und Ukrainer aufgrund der EU-Richtlinie für vorübergehenden Schutz für Vertriebene ohne Ermittlungsverfahren einen Schutzstatus bekommen, drohe zum Nachteil zu werden.
Denn anders als Vertriebene, die ein Asylverfahren durchlaufen haben, hätten sie keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Dabei sei das System der Grundversorgung lediglich als "Übergangslösung" gedacht, bis der Schutzstatus feststeht. Für Flüchtlinge aus der Ukraine drohe es nun zum "Dauerzustand" und zu einer "Inaktivitätsfalle" zu werden, so Moser. "Mehrere Lösungen liegen auf dem Tisch." Eine davon sei, die Zuverdienstgrenzen ganz aufzuheben, lautet der Vorschlag der Diakonie-Direktorin.
Scharfe Kritik an der staatlichen Asylpolitik übte einmal mehr der Asylrechtsexperte und Sprecher der "Asylkoordination" Lukas Gahleitner-Gertz. Das System der Grundversorgung sei eines "der Schikanierung" und tauge nicht dazu, Menschen eine Versorgung zu garantieren oder ihnen zu ermöglichen, arbeiten zu gehen. Das Problem mit der Grundversorgung sei nicht neu, es werde durch aktuell große Zahl der geflüchteten Menschen jetzt sichtbarer. Gahleitner-Gertz verlangte eine "vollkommene Neuaufstellung". Die aktuelle Krise sollte dazu genutzt werden.
Quelle: kathpress