
Caritas zum Anti-Teuerungs-Paket: Hilft sehr, wenn es rasch kommt
Das Anti-Teuerungs-Paket der Bundesregierung "war richtig und es kommt - bei rascher Umsetzung - auch zur richtigen Zeit". Mit diesen Worten hat Caritas-Präsident Michael Landau die am Dienstag präsentierten Maßnahmen gegen die größte Inflation seit 40 Jahren gelobt. Begrüßenswert sei angesichts der enormen Preissteigerungen, dass einzelne Schritte noch im Sommer gesetzt werden sollen. "Ob die Maßnahmen als Rettungsschirm taugen, werden wir erst sehen", meinte Landau in einer ersten Reaktion. Zentral werde sein, "dass die Schlangen bei den Lebensmittelausgaben und in den Sozialberatungsstellen wieder kürzer werden und dass die Menschen auch langfristig wieder mehr Luft zum Atmen haben". Weitere Reformen mahnte die Caritas bei der Sozialhilfe ein.
Lobende Stellungnahmen, vor allem für die vorgesehene Wertanpassung bei Sozialleistungen, gaben am Dienstag auch die evangelische Diakonie und der Katholische Familienverband ab.
Der Bundesregierung dürfte es nach Einschätzung Landaus gelungen sein, ihr Paket in Sofortmaßnahmen und längerfristige Strukturanpassungen zu gliedern. Genau dies hatte die Caritas zuletzt mehrfach gefordert. "Sofortmaßnahmen helfen vor allem den finanziell Schwächsten, die aktuell schon bei dem absolut Lebensnotwendigsten sparen müssen", sagte Landau. Inflation und Teuerung würden aber absehbar länger andauern. "Somit ist es wichtig, das soziale Netz in Österreich auch nachhaltig wieder armutsfest auszugestalten." Dies gelinge mit dem nun vorliegenden Paket aber nur teilweise, gab Landau zu bedenken. Ein "großer Wermutstropfen" aus Sicht der Caritas sei das Ausbleiben einer Reparatur der unter der ÖVP-FPÖ-Regierung eingeführten "Sozialhilfe Neu" und die weiterhin fehlende Kindergrundsicherung: "Da wie dort hoffen wir auf Nachbesserungen."
Bei der angekündigten Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen wäre wichtig, dass die Bundesregierung hier rasch Details auf den Tisch legt und dass dabei auch das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe und der Mehrkindzuschlag berücksichtigt werden. Die fehlende Bereitschaft der Bundesregierung zur Reform der Sozialhilfe sei eine "riesige vertane Chance", bedauerte Landau. Sie müsse wieder zu jenem sozialen Auffangnetz werden, "das sie sein soll".
Kritik äußerte die Caritas daran, dass die Anrechnung der Wohnbeihilfe auf die Sozialhilfe bestehen bleibe; positiv sei allerdings die Verlängerung und Aufstockung des "Wohnschirms", einem Projekt zur Delogierungsprävention.
Echte Kindergrundsicherung fehlt
Die Auszahlung einer zusätzlichen Familienbeihilfe im August sei ebenso wie die Erhöhung des Kindermehrbetrags auf 550 Euro "natürlich sehr zu begrüßen", erklärte Landau weiter. Bedauerlich sei aber, dass der Wertverlust der vergangenen Jahre bei der Familienbeihilfe nicht ausgeglichen werde. "Hier hoffe ich, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist."
Eine weiterhin bestehende "Ungerechtigkeit" sieht die Caritas in der großen Differenz zu dem, was Familien mit höheren Einkommen pro Kind bekommen - nämlich 2.000 Euro Familienbonus. Familienbeihilfe und Familienbonus zusammen hätte man besser zu einer echten Kindergrundsicherung ausgestaltet, die ein Leben ohne Armut für jedes Kind und eine dauerhafte Lösung insbesondere für Alleinerziehende sicherstellen würde. Aktuell sind laut Caritas 320.000 Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre in Österreich armutsgefährdet. "Damit verbauen wir Zukunft, das ist nicht akzeptabel", so Landau. "Wir werden hier hartnäckig bleiben müssen."
Die Dringlichkeit gezielter Armutsbekämpfung erkennt die Caritas am Andrang in den 56 Caritas-Sozialberatungsstellen. Die Schlangen vor den Lebensmittelausgabestellen würden täglich länger, berichtete Landau. "Hatten wir im letzten Jahr durchschnittlich 17 Tonnen Lebensmittel pro Woche ausgegeben, so sind es derzeit bereits 24 Tonnen. Die Teuerung trifft viel zu viele Menschen, Frauen, Männer und Kinder, bis ins Mark." Die angekündigten 300 Euro Soforthilfe müssten rasch ausbezahlt werden, der Beziehendenkreis dürfe nicht zu eng gefasst sein.
Diakonie lenkt Blick auf Thema Wohnen
"Die Wertanpassung bei Sozialleistungen ist der wichtigste Beitrag für die soziale Sicherheit in diesen für so viele Menschen herausfordernden Zeiten der Teuerung." Mit diesen Worten kommentierte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser das Anti-Teuerungspaket der Regierung. Für die abschließende Bewertung wolle die Diakonie noch die gesetzlichen Ausformulierungen abwarten, "auch um genau zu wissen, welche Sozialleistungen mit welchem Mechanismus valorisiert werden". "Aber grundsätzlich sind soziale Direktleistungen besonders in einkommensschwachen Haushalten nachhaltig hilfreich und wirksam", lobte Moser.
Als besonders dringlich erscheinen der evangelischen Hilfsorganisation Entlastungen bei den Wohnkosten, z.B. durch eine verbesserte Wohnbeihilfe. Dies betreffe die Sozialhilfe, bei der "dringend weitere Reformen" notwendig seien - allen voran die Gewährung und Erhöhung der Wohnbeihilfe, nahm Moser hier auch die Länder in die Pflicht. Der Abzug der Wohnbeihilfe und die Kürzungen beim Lebensunterhalt in der Sozialhilfe führten derzeit zu massiven Problemen, warnte die Diakonie-Direktorin: "Frauen und Kinder haben zu wenig zum Wohnen und zu wenig zum Leben." Um ihre Miete zu zahlen, müssten Betroffene das aufbrauchen, was eigentlich für den notwendigsten Lebensunterhalt vorgesehen wäre.
Weiterer Nachbesserungswunsch der Diakonie: Beim aufgestockten "Wohnschirm" des Sozialministeriums, der Mietrückstände übernimmt, müssten die Energiekosten mit abgedeckt werden.
Familienverband: "Meilenstein" Wertanpassung
Als einen "Meilenstein in der Familienpolitik" begrüßte der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) den Beschluss der automatischen und regelmäßigen Wertanpassung der Familienbeihilfe. Diese Valorisierung hatte der Verband wie auch allen anderen Familienorganisationen jahrelang gefordert. Familienverbandspräsident Alfred Trendl lobte auch das Vorziehen und die Erhöhung des Familienbonus und des Kindermehrbetrags; beides unterstütze Familien in Zeiten zunehmender Inflation. Ebenso lasse die angekündigte automatische Wertanpassung der Studienbeihilfe noch vor dem Sommer "manche Familien unbeschwerter in die Zukunft sehen".
Erfreulich nannte Trendl die Ankündigung, dass Kinder mit der Hälfte des auf 500 Euro erhöhten Klimabonus berücksichtigt werden, "da sachgerecht der Klimabonus mit der Anzahl der Kinder steigt". Ebenfalls begrüßt wird vom KFÖ die Einmalzahlung zur Familienbeihilfe von 180 Euro pro Kind, mit der im August die Familien entlastet werden sollen.
"Die Bundesregierung zeigt mit diesem Paket deutlich den Willen, Familien mit Kindern zu entlasten", beurteilte Vorsitzender Trendl die vorgestellten Maßnahmen aus Familiensicht positiv. Er sieht "eine notwendige und erfreuliche Wertschätzung der Familien".
Milliardenschweres Paket gegen die Teuerung
Die Regierung hatte am Dienstagfrüh ein sechs Mrd. Euro schweres Anti-Teuerungs-Paket mit kurzfristig entlastenden Maßnahmen, aber auchs langfristigen strukturellen Änderungen präsentiert. Bereits im August werden 180 Euro für jedes Kind zusätzlich zur Familienbeihilfe ausbezahlt, im September fließen 300 Euro für Menschen mit geringem Einkommen etwa Sozialhilfebezieher, Arbeitslose und Mindestpensionisten.
Der größte Brocken ist laut einem Bericht der APA der Klimabonus. Dieser wird von ursprünglich 100 bis 200 Euro je nach Wohnlage auf 250 Euro in diesem Jahr erhöht und um weitere 250 Euro Inflationsabgeltung erhöht. Ab Oktober bekommen damit alle in Österreich lebenden Erwachsenen 500 Euro. Für Kinder gibt es die Hälfte. Zusätzlich werden der erhöhte Familienbonus (2.000 Euro) und der erhöhte Kindermehrbetrag (550 Euro) auf 2022 (ursprünglich 2023) vorgezogen. Für 2022 wird auch ein Teuerungsabsetzbetrag von 500 Euro eingeführt. Alle Maßnahmen müssen im Parlament beschlossen werden, Eingaben dazu soll es noch vor der Sommerpause geben.
Langfristig werden die kalte Progression abgeschafft, Sozialleistungen jährlich valorisiert und die Lohnnebenkosten gesenkt. Diese Maßnahmen mitgerechnet hat das Paket ein Volumen von 28 Mrd. Euro, fasste die APA zusammen.
Quelle: kathpress