Parlamentarisches Gebetsfrühstück im Zeichen der Bitte um Frieden
Ein fraktions- und religionsübergreifendes Zeichen gegen den Krieg in der Ukraine verbunden mit der gemeinsame Bitte um Frieden, - das stand im Zentrum des diesjährigen parlamentarischen Gebetsfrühstücks am Montagmorgen. Wie schon in den Jahren davor hatte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) dazu ins Ausweichquartier des Hohen Hauses in der Hofburg eingeladen. Vertreter zahlreicher Kirchen und Religionen sowie aller im Parlament vertretenen Parteien waren der Initiative Sobotkas und des parteienübergreifenden Komitees des Gebetsfrühstücks gefolgt. Eröffnet wurde das Gebet mit einer gesangliche Bitte um Frieden ("dona nobis pacem") dargeboten durch einen Abgeordneten-Chor.
In der Gesellschaft habe sich nicht zuletzt im Zuge der Pandemie eine große Polarisierung entwickelt, stellte Sobotka eingangs fest. Umso mehr seien Orientierung und "das Ruhen in der eigenen inneren Mitte nötig, um in dieser Haltung für andere in der Gesellschaft tätig zu werden". Angesichts des Krieges in der Ukraine und zahlreicher Konflikte sei aktuell der interreligiöse Dialog unabdingbar, so Sobotka vor den anwesenden Vertretern der Kirchen und Religionen.
Grußworte via Video hielten die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Nicola Beer (FDP) und Dorothee Martin (SDP), die dem Deutschen Bundestag angehört. Persönlich anwesend mit einem Grußwort war Darren Millar vom Walisischen Senat.
Einen Impuls gab beim Gebetsfrühstück David Beasley, Exekutivdirektor des UN-Welternährungsprogramms, das 2020 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. Er wies auf die Gefahren einer weltweiten Hungerkrise aufgrund der kriegsbedingt fehlenden Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine hin. Die Lage sei deswegen so dramatisch, weil sie durch die Auswirkungen der Klimakrise und der Pandemie verschärft werde. 500 Millionen Menschen in Afrika seien von Hunger bedroht und könnten gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen, warnte Beasley.
Nur mit Solidarität und Nächstenliebe könne die anstehende Krise bewältigt werden. Die abrahamitischen Religionen mit ihrer Botschaft der Nächstenliebe und Solidarität seien dabei eine wichtige Ressource, die die Kirchen und Religionen sowie die Gläubigen in die Pflicht nehmen würden, zeigte sich Beasley überzeugt. Wer an Gott glaube, dürfe auch keinen Unterschied zwischen Menschen machen, weil alle Menschen Kinder Gottes seien. Für Christen sei zusätzlich die klare Aufforderung Jesu zur Feindesliebe maßgeblich, so Beasley. Der Glaube gebe Hoffnung, die anstehenden Krisen zu meistern, nicht zuletzt deswegen, weil "das Gebet die mächtigste Waffe der Welt ist".
Weiters sprach der Autor und Schauspieler Samuel Koch, der seit seinem tragischen Unfall bei der Sendung "Wetten, dass..?" querschnittgelähmt ist. Beiträge zu Frieden kamen von ukrainischen, russischen, jüdischen, muslimischen und muslimisch-uigurischen Gläubigen.
Seitens der katholischen Kirche waren der St. Pöltner Diözesanbischof Alois Schwarz und sein Amtsvorgänger Klaus Küng, der Wiener Weihbischof Franz Scharl, Bischofskonferenz-Generalsekretär Peter Schipka und der ukrainische griechisch-katholische Generalvikar Yuriy Kolasa gekommen. Die evangelischen Kirchen waren durch den reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld vertreten. Für die orthodoxen Kirchen waren der russisch-orthodoxe Bischof Aleksij (Zanochkin) und der griechisch-orthodoxe Erzpriester Athanasius Buk anwesend.
Das Gebetsfrühstück endete mit Fürbitten, die Politiker verschiedener Parteien und unterschiedlicher christlicher und religiöser Bekenntnisse sprachen. Teilweise moderiert und maßgeblich vorbereitet wurde das Gebetsfrühstück von der ÖVP-Menschenrechtssprecherin Gudrun Kugler. Weitere Zwischenmoderationen hielten die Abgeordneten Elisabeth Feichtinger (SPÖ), Agnes Totter (ÖVP), Martin Litschauer (Die Grünen), Lukas Mandl (ÖVP), Philipp Schrangl (FPÖ), Romana Deckenbacher (ÖVP), Harald Troch (SPÖ), Kira Grünberg (ÖVP) und Norbert Sieber (ÖVP).
Im Parlament in Wien gibt es seit 1981 regelmäßige kleinere Treffen von Abgeordneten zum Austausch und Gebet, an denen seit 2016 alle Fraktionen vertreten sind. Sie treffen sich dazu in der Regel monatlich vor den Plenarversammlungen des Nationalrats. Bekanntheit erlangte diese interreligiöse und fraktionsübergreifende Initiative in Österreich, die seit über 60 Jahren in den USA praktiziert wird, durch das erste nationale und öffentliche Gebetsfrühstück 2017 im Parlament in Wien.
Quelle: kathpress