"Jugend Eine Welt": Neues Lieferkettengesetz hilft gegen Kinderarbeit
Für eine schnelle Umsetzung des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission für ein europäisches Lieferkettengesetz appellierte "Jugend Eine Welt"-Geschäftsführer Reinhard Heiserer in einer Aussendung am Mittwoch. Anlässlich des Welttages gegen Kinderarbeit am 12. Juni wendet sich das Hilfswerk öffentlich an die Politik. Nur einheitliche Regeln zu den unternehmerischen Sorgfaltspflichten bei der Kontrolle der gesamten Lieferketten lassen dieses Gesetz überhaupt erst zu einem wirkungsvollen Instrument im Kampf gegen missbräuchliche Kinderarbeit werden, betonte Heiserer. Er orte die Gefahr, dass bei den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene sowie jenen auf nationaler Ebene in den Mitgliedsländern die im Vorschlag bereits verankerten Regelungen eher "aufgeweicht" werden könnten.
Wie notwendig rasches und klares Handeln in Sachen "Kinderarbeit stoppen" ist, zeigen laut "Jugend Eine Welt" einmal mehr die Prognosen des UN-Kinderhilfswerkes "UNICEF": Erstmals seit mehr als 20 Jahren ist im Vorjahr die Zahl an arbeitenden Kindern weltweit wieder gestiegen. Insgesamt schätzt man, dass statt zuletzt rund 152 Millionen Kinder nunmehr an die 160 Millionen Kinder von missbräuchlicher Kinderarbeit betroffen sind. Tendenz weiter steigend. Als Ursache dafür werden etwa die sozioökonomischen Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie sonstige wiederkehrende Krisen vor allem in den Ländern des Globalen Südens gesehen. Extreme Armut nimmt in vielen Regionen stark zu, vielfach sind Kinder deshalb gezwungen, das karge Familieneinkommen durch eigene Arbeit aufzubessern, hieß es in der Aussendung weiter.
"Unsere Don Bosco-Partner in Indien etwa berichten uns erneut, dass seit Beginn der Corona-Pandemie Kinderarbeit wieder zunimmt", erzählte Heiserer. Die in der südindischen Provinz Bangalore tätige Partnerorganisation "BREADS" sei auch an Rettungsaktionen für Kinder beteiligt. In Zusammenarbeit mit der Polizei wurden bei Razzien in mehreren Unternehmen zuletzt in sieben Monaten 127 von ihnen im Alter zwischen 11 und 18 Jahren aus ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen befreit. Die Kinder arbeiteten etwa in Nähereien, in Färbereien, Werkstätten, Druckereien oder auf Baustellen.
"Fair-Kleidertausch-Aktion"
Die Organisationen der Kinderarbeit-Stoppen-Kampagne laden im Vorfeld des Tages gegen Kinderarbeit wieder zu einer "Fair-Kleidertausch-Aktion". Denn kaum ein Konsumgut sei in der Gesellschaft so stark mit dem Thema Kinderarbeit besetzt wie Kleidung, hieß es in der Aussendung seitens "Jugend Eine Welt". Die "Fair-Kleidertausch-Aktion" findet am Freitag, 10. Juni, am Platz der Menschenrechte in Wien statt (11 bis 17 Uhr). Interessierte sind herzlich eingeladen, ihre Altkleider mitzubringen und neue Second-Hand-Kleider mit nach Hause zu nehmen. Dazu gibt es am Stand viele Informationen und ein Quiz zu den Themen Kinderarbeit und Kinderrechte, Lieferkettengesetz und Textilproduktion.
25 Jahre "Jugend Eine Welt"
Am 24. Juni feiert das Hilfswerk "Jugend Eine Welt" sein 25-jähriges Bestehen. Es seien u. a. Erlebnisse mit arbeitenden Straßenkindern Anfang der 1990er-Jahre in Ecuador gewesen, die Reinhard Heiserer dazu motiviert haben, das Hilfswerk 1997 zu gründen. Davon erzählte er im Interview mit der Kooperationsredaktion der österreichischen Kirchenzeitungen (aktuelle Ausgabe). Diese Zeit beschreibt er als wichtig, "weil ich gesehen habe, es gibt so tolle Leute, die eine ausgezeichnete Arbeit machen, die sich wirklich für Kinderrechte einsetzen, die auf die Straße gehen, die Galle spucken vor Ärger, wenn Kinder schlecht behandelt und ausgebeutet werden".
Zudem appellierte Heiserer, nicht auf die Mädchen unter den Kinderarbeitenden zu vergessen: "Die weibliche Kinderarbeit ist viel stärker verbreitet und meist unsichtbar", erklärte er. Denn, "alle, die in den Häusern arbeiten und als Haushaltshilfen und Wäscherinnen ausgebeutet werden, die sieht man nicht. Das ist ein großes Problem", unterstrich er.
"Jugend Eine Welt" setzt sich - vor allem mit den katholischen Ordensgemeinschaften der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern - für nachhaltige Bildung und die Förderung von besonders gefährdeten Kindern und Jugendlichen in den Ländern des Globalen Südens ein. Seit September 2021 ist die Schauspielerin Chris Lohner als Botschafterin die neue "starke Stimme" für "Jugend eine Welt". (Infos: www.jugendeinewelt.at/kinderarbeit und www.kinderarbeitstoppen.at)
Quelle: kathpress