Caritas-Helfer: Weizenkrise bringt Destabilisierung in Afrika
Der Krieg in der Ukraine hat auch massive Folgen für Regionen, die weit entfernt sind vom eigentlichen Kriegsschauplatz. So ist Subsahara-Afrika von der aktuellen Weizenkrise besonders betroffen, berichtete der Entwicklungshelfer Betram Kuol, Caritas-Projektleiter im Südsudan, im Interview mit der "Kleinen Zeitung" (8. Juni). Der Südsudan erhalte beispielsweise 85 Prozent seines Getreides von anderen Ländern, hauptsächlich aus der Ukraine und Russland.
Die Auswirkungen seien problematisch, berichtete Kuol. "Die Situation bei den Lebensmittelpreisen, aber auch bei den Lieferketten wird sich verschlechtern, solange dieser Krieg andauert", so der Entwicklungshelfer, der seit 2011 im Südsudan für den Aufbau und die Leitung der neuen Projekte der Caritas verantwortlich ist. Niemand könne wissen, wie lange das weitergehe, gleichzeitig spüre man nach wie vor die Auswirkungen der Pandemie. Alles zusammen lasse die Versorgungsunsicherheit immer weiter steigen. "Das wiederum destabilisiert die ganze Region, was historisch belegt ist - besonders in Afrika". Im Südsudan habe man soziale Spannungen kürzlich auch in Folge einer Flutkatastrophe beobachten können.
Der Südsudan habe viel Potenzial, es gebe genug fruchtbares Land, zeigte sich Kuol überzeugt. Ob der Hunger, wie von den Vereinten Nationen als Ziel formuliert, bis 2030 beendet werden könne, hänge aber auch von anderen Faktoren ab. So sei zu befürchten, dass viele afrikanische Länder beim Währungsfonds (IWF) nur noch schwer an die entsprechenden Kredite kommen könnten, die dazu nötig wären. Mit "einer vernünftigen Geldpolitik" könnte man den Südsudan dazu ermächtigen, die bereits gestarteten Landwirtschaftsprojekte umzusetzen. "Hunger wäre dann zumindest im Südsudan kein Problem mehr". Uganda habe das erfolgreich vorgezeigt, großzügig in Landwirtschaft investiert und produziert heute über den eigenen Bedarf hinaus.
Die europäischen Geldgeber müssten in Zukunft darauf bestehen, dass die Projekte in Afrika regelmäßig evaluiert werden und jene Institutionen fördern, die die besten Resultate bringen, forderte Kuol. Oft seien das nicht die Regierungen, denn viele Länder hätten keine Mechanismen, die verantwortungsvollen Umgang mit Hilfsgeldern ermöglichten. Er rechne mit der Fortdauer des Kriegs auch wieder mit stärkeren Fluchtbewegungen aus Afrika. "Ja, es gibt einen direkten Zusammenhang zur aktuellen Krise in der Ukraine", so Kuol, "immer wenn das Essen knapp wird, machen sich Menschen auf den Weg".
Papstbesuch am Horizont
Anfang Juli wird der Südsudan im Fokus der Öffentlichkeit stehen, wenn Papst Franziskus dem jüngsten unabhängigen Staat der Welt (seit 2011) einen Besuch abstatten wird. Am 5. Juli reist Franziskus von Kongos Hauptstadt Kinshasa weiter in den Südsudan. In dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land begleiten ihn der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, als Ehrenoberhaupt der anglikanischen Kirchengemeinschaft sowie der Moderator der Kirche von Schottland, Jim Wallace. Die Drei wollen am 6. Juli morgens in der Hauptstadt Juba ein Lager für Binnenflüchtlinge besuchen sowie abends ein ökumenisches Gebet halten.
Quelle: kathpress