Medien: Rückblicke auf 50 Jahre Diözesansynoden in Wien und Gurk
Vor 50 Jahren fanden in zwei österreichischen Diözesen, nämlich in der Erzdiözese Wien und in der Diözese Gurk, große Diözesansynoden statt. Während sich die Weltkirche derzeit mitten im von Papst Franziskus ausgerufenen Synodalen Prozess befindet, blickt die Wochenzeitung "Die Furche" in ihrer aktuellen Ausgabe auf die Wiener Diözesansynode zurück, dessen Ergebnisse zu Pfingsten 1972, also vor genau 50 Jahren, von Kardinal Franz König vorgestellt wurden. Die Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" erinnert hingegen in ihrer aktuellen Ausgabe an die Vereinbarung über die Verwendung der beiden Kärntner Landessprachen in der Liturgie als "wesentlichstes Erbe" der Kärntner Diözesansynode 1971/72.
Das Handbuch mit den 986 Beschlüssen der dreijährigen Wiener Diözesansynode (1969-71) sei mit großem medialem Echo vorgestellt worden, so der Journalist Franz Morawitz in seinen Ausführungen in der "Furche". Trotz des damals völlig anderen Umfelds sei vieles in den angesprochenen Punkten weiterhin gültig und noch nicht eingelöst. So zeige sich beim Lesen der Synodenbeschlüsse, dass man schon vor 50 Jahren sehr deutlich spürte, dass sich die Säkularisierung in allen Bereichen durchsetzen werde.
Als synodale Pionierarbeit bezeichnet der Autor das Themenfeld Integration. Zu den Themen Dialog mit dem Judentum und Entwicklungszusammenarbeit seien, ebenso wie beim Integrationsthema, bis heute nur zu einem Teil erfüllte Forderungen formuliert worden. Auch bei den Forderungen zur Entwicklungszusammenarbeit und sozialer Gerechtigkeit habe man bereits eine Analyse der wachsenden globalen Kluft zwischen Arm und Reich angestellt.
Missbrauch schon damals Thema
In Erinnerung blieb die Synode nicht zuletzt mit Aussagen im Blick auf die "Sexuelle Revolution" der 1968er. Künstliche Empfängnisverhütung wurde im Sinne der Mariatroster Erklärung (1968) nicht generell abgelehnt, die Beurteilung der Wege sei "nur im Hinblick auf die spezielle Situation des Paares möglich", zudem könne die "Wahl des Weges zur Empfängnisregelung nicht dem Seelsorger überlassen" werden. Kritik äußerten die Synodalen an abwertenden Sexualitätsauffassungen. Zu den "feststellbaren negativen Auswirkungen dieser Auffassungen" gehöre "die Belastung weiter Bevölkerungsgruppen durch das Bewusstsein, sich nicht an die Normen halten zu können, deren Befolgung verlangt wird".
Auch die Missbrauchsproblematik sei vor 50 Jahren kein Tabu mehr gewesen, wenngleich auch die Folgen für die Opfer und ihr Leid noch nicht in den Blick kamen, heißt es in dem Zeitungsbericht. "Das Versagen kirchlicher Amts- und Funktionsträger soll nicht beschönigt werden", wurde erklärt, und die "geistige Auseinandersetzung mit dem Versagen" sei notwendig.
"Magna Charta" für Zweisprachigkeit
An die Vereinbarung über die Verwendung der beiden Kärntner Landessprachen in der Liturgie erinnert Josef Till in der Kirchenzeitung "Sonntag" (aktuelle Ausgabe). Diese gehöre "zum wesentlichsten Erbe" der Kärntner Diözesansynode 1971/72. Dabei seien es die Persönlichkeiten Ernst Waldstein und Valentin Inzko, die Konzeptersteller und Leiter der Kommission über das Zusammenleben von deutschsprachigen und slowenischsprachigen Kärntnern und Kärntnerinnen, gewesen, die dieser "Magna Charta" für die Zweisprachigkeit zum Durchbruch verholfen haben.
Klar sei gewesen, dass das Zusammenleben das Bedeutendste der Synode sein werde, dass aber "die Wogen des Emotionalen das Schiff Kirche ins Schlingern versetzen" könnten und die "Gefahr des Kenterns" bestehe. Deshalb wurde insbesondere die Aufgabe der Kirche, die frohe Botschaft unter alle Menschen zu bringen, unabhängig von Sprache, ethnischer Zugehörigkeit, Ideologie und sozialer Schicht, in den Vordergrund gestellt. Die Kirche sei nicht dazu da, nationale Fragen zu lösen, sie müsse sie aber sachgerecht einer Lösung zuführen.
Der Text werde, so Inzko in einer damaligen Rede an die Synodalen, weder die deutsch- noch die slowenischsprachigen Kärntner und Kärntnerinnen zufriedenstellen. Wo aber Menschen einander vertrauten, werde der Optimismus zunehmen, zeigte er sich überzeugt. Freilich gäbe es Menschen in beiden ethnischen Gruppen, die seine Auffassung nicht teilten. Es wäre bei der Behandlung dieser für das Land bedeutenden Vorlage zu einfach, das Leid und die Leiden der Vergangenheit, die die Beziehungen beider ethnischer Gruppen belasten und trüben, zu ignorieren.
Mit großer Überzeugungskraft konnte Inzko schließlich die Synodalen für sein Anliegen gewinnen. "Wir Kärntner Slowenen sind uns dessen bewusst, dass auch wir in der Vergangenheit Leid zugefügt haben, dass dieses Leid nicht ungeschehen gemacht werden kann und im Lande noch nicht überwunden ist. Wir wollen das Geschehene mit nichts rechtfertigen, wohl aber bitten wir als Volksgruppe und Angehörige des slowenischen Volkes unsere deutschsprachigen Landsleute demütig um Verzeihung", wird er zitiert.
Mehrheit für Versöhnung
Nach dieser überraschenden Rede habe vor Überraschung und Verblüffung absolute Stille im Saal geherrscht. "Wenn Dr. Inzko Abbitte für zugefügtes Leid, das die Slowenen den Deutschen bereitet haben, leistet, dann ist es angebracht, dass auch die Deutschen genauso demütig für das Unrecht um Vergebung bitten, das die Deutschen im Verlauf der mehr als 900-jährigen gemeinsamen Geschichte den Slowenen an Leid zugefügt haben", betonte daraufhin etwa der Villacher Rechtsanwalt Helmut Ebner in einer Rede. Schließlich wurde der Antrag über das "Zusammenleben" mit großer Mehrheit von 122 der 164 anwesenden Synodalen angenommen. Nur wenigen sensiblen deutschsprachigen Kärntnern sei die Tragweite von Inzkos Handlung bewusst gewesen. Sie bedeutete aber den entscheidenden Durchbruch für das Gelingen der Synode, zeigt sich Till in seinem Rückblick im Kärntner "Sonntag" überzeugt.
Die Synodalen der katholischen Kirche hätten Anfang der 70er-Jahre "im hoffenden Vertrauen für Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung, Humanität und Menschenwürde" entschieden, befindet der Autor, und hätten damit eine junge Generation befähigt, "in veränderten Zeiten mutig die multikulturelle und plurale Situation in Gesellschaft und Kirche zu meistern". Das Dokument über das Zusammenleben sei damit nach wie vor aktuell und bedürfe immer noch der Verwirklichung im Alltagsleben, so Tills Fazit.
Quelle: kathpress