Wirtschaft: Küberl fordert Umdenken und Mitmenschlichkeit
Für ein Umdenken bei Wirtschaftssystemen und ein Wachstum von Solidarität und Mitmenschlichkeit plädierte Franz Küberl, ehemaliger Präsident der Caritas Österreich, beim jüngsten "Online-Talk" des Forums Katholischer Erwachsenenbildung (KEB). Im Mittelpunkt standen die Themen "Wirtschaft und Soziales". Was oft übersehen werde: "Die Suche nach dem Billigsten, das ist Neoliberalismus pur. Da müssen wir achtsam sein. Was ist die Qualität, die ich zum Leben brauche und die, die ich anderen zubillige, dass sie ein gutes Leben haben?", fragte Küberl nach den Werten in der Gesellschaft. "Teile des Fortschrittes können uns auch in Richtung Hölle bringen, wir müssen das austarieren. Wir dürfen es der nächsten Generation nicht schlechter weitergeben, als wir es erhalten haben", betonte er.
"Es ist auch bei uns so, dass wir eine Gruppe von Menschen haben, die keine Chance haben, aus der Armut und Arbeitslosigkeit herauszukommen - trotz Transferleistungen. Armut gehört schon innerweltlich abgeschafft, da müssen wir nicht auf den Himmel warten", fasste das Forum KEB in seiner jüngsten Aussendung die Forderung Küberls zusammen. Es gehe darum, das System für Mitmenschen und Natur neu zu gestalten. Über die Frage, wie das angesichts von Krieg, Pandemie und Krisen gelingen könne, diskutierte Küberl mit dem an der Universität Wien lehrenden Sozioökonom Andreas Novy.
Im Hinblick auf den Ukraine-Krieg plädierte Küberl für die "Verteidigung der Gewaltlosigkeit". Gewaltlosigkeit sei nicht am Ende. Vielmehr sei diese "etwas, das man verteidigen muss". Sozioökonom Andreas Novy hielt fest: "Wirtschaft ist eingebettet in Gesellschaft und Natur. Das führen uns die Pandemie, und jetzt der Ukraine-Krieg vor Augen." Die Konzentration wirtschaftlicher Macht und damit deren Vereinnahmung politischer Macht sei heute eines der größten Probleme.
Sorge um Mitmenschen und Natur
Die Sorge um Mitmenschen und die Natur müsse der Maßstab für gutes Wirtschaften sein, forderte Novy. Zwar sei der Kapitalismus auch eine Erfolgsgeschichte, gleichzeitig habe der Mensch in den vergangenen 200 Jahren aber in einer brutalen Art und Weise in die Natur eingegriffen. Erderhitzung und Artensterben seien Beispiele für die "unglaublichen Destruktionsdynamiken." Die große Herausforderung sei es, sich von dem System zu verabschieden, das auch eine Reihe von Vorzügen hatte. "Aber wir müssen uns verabschieden, weil es unter ökologischen Kriterien so nicht weitergehen kann", mahnte Novy. Das Ziel sei, eine Nachhaltigkeit, die unsere Zufriedenheit fördert und gutes Leben für alle ermöglicht.
Für Novy müsse es darum gehen, gemeinsam Strukturen zu verändern. Es gehe um das Gestalten von Rahmenbedingungen, wenn es ums klimafreundliche Arbeiten und Leben geht, etwa beim öffentlichen Verkehr oder beim Zugang zu nicht-fossilen Energieversorgungen. Eine konkrete Möglichkeit: Geräte für ärmere Menschen zu subventionieren. "So können Lebenserhaltungskosten gesenkt und gleichzeitig klimapolitische Ziele erreicht werden."
Das Ökologische - die Trockenheit, Kämpfe um Wasser und vieles mehr - würden in einigen Weltregionen ein lebenswertes Leben oft verunmöglichen, sagte Küberl und appellierte: "Mit dem, was man hat, auskommen, das geht nur, wenn auch etwas da ist. Das ist in einem so reichen Land wie Österreich besser bewältigbar. Weltweit müssen wir uns Gedanken machen, wie wir Armut eindämmen. Es gibt Leute, die haben Vorteile aus der Situation, und es gibt unendlich viele, die Nachteile haben. Und das müssen wir ausgleichen."
"Online-Talk" zu "Generationen und Nachhaltigkeit"
Das Forum Katholischer Erwachsenenbildung in Österreich feiert 2022 sein 25-jähriges Bestehen. Bis zum Sommer veranstaltet der Zusammenschluss von 71 kirchlichen Bildungseinrichtungen in ganz Österreich mit 700 hauptamtlichen und 11.000 ehrenamtlich Mitarbeitenden Online-Gespräche zu aktuellen Fragen der Erwachsenenbildung. Die Talks sind für alle Interessierten offen und kostenfrei.
Am 23. Juni spricht Birgit Wurzer mit der Nachhaltigkeitsforscherin Ines Omann und der Gesundheitsforscherin Vera Gallistl über das Thema "Generationen und Nachhaltigkeit" (18 bis 19.30 Uhr). (Info: www.forumkeb.at)
Quelle: kathpress