Glettler: Kirche muss beim Thema Sexualität "pluralitätsfit" werden
Die Kirche sollte auch beim Thema Sexualität und allen anverwandten Themenfeldern wie Homosexualität, LGBTQ und dem Dritten Geschlecht "pluralitätsfit" werden: Das hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler bei einer Tagung kürzlich an der Universität Innsbruck betont. Es sei notwendig, in diesen sensiblen Themenfeldern gut aufeinander zu hören, kritisch auf gesellschaftliche Entwicklungen zu achten und von zu raschen Urteilen und Ideologisierungen Abstand zu nehmen, so Glettler. "Wir dürfen einander nicht die Kirchlichkeit absprechen." Kritisch äußerte sich der Bischof gegenüber jeder Form von "Propaganda", die oft den sehr persönlichen Lebenssituationen und dem Erfahrungsschatz kirchlicher Ehe- und Familienpastoral nicht gerecht würde.
Glettler äußerte sich im Rahmen der Tagung "Religion und Geschlechtlichkeit/Geschlecht", die am 18./19. Mai Vertreterinnen und Vertreter aller in Österreich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bzw. Bekenntnisgemeinschaften versammelte. Die Tagung bildete die Fortsetzung der Veranstaltungsreihe "Religion und Staat im Brennpunkt".
Das katholische Verständnis gehe prinzipiell von einer Polarität der Geschlechter aus: "Die Differenz und Komplementarität der Geschlechter sind für das kirchliche Verständnis einer sakramentalen Ehe konstitutiv." Die katholische Kirche halte auch deshalb an der Grundkonzeption von Familie fest, in der Kinder von einem Vater und einer Mutter in ihrem Heranwachsen begleitet würden. Wichtig sei ebenso der Blick auf die große Anzahl der Alleinerziehenden in Österreich und auf Paare, deren Kinderwunsch nicht in Erfüllung gehe. Die Kirche ist sich darüber hinaus wohl bewusst, "dass es in der heutigen Gesellschaft noch andere Formen familiären Zusammenlebens gibt, die zu respektieren sind und ebenso eine geistliche und menschliche Begleitung brauchen."
Schließlich plädierte Glettler für einen wertschätzenden Umgang mit allen Menschen jenseits ihrer geschlechtlichen Orientierung: "Es kann nicht sein, dass wir Menschen aufgrund ihrer sexuellen Grundeinstellung etikettieren oder zu einem Outing zwingen." In der Kirche hätten selbstverständlich alle, die dies von sich aus wünschen, ein Gast- und Heimatrecht, so der Innsbrucker Bischof, der bei seinem Statement auch von seinen persönlichen Erfahrungen als Familienseelsorger berichtete. Er bekräftigte abschließend sein Verständnis für den Wunsch nach Segnungen für homosexuelle Paare, wenn es deren Interesse ist, einen Weg mit der Kirche zu gehen.
Quelle: kathpress