Graz: Scheidender Caritas-Direktor präsentiert Wirkungsbericht 2021
Mit beispielhaften Geschichten veranschaulicht die Caritas Steiermark in ihrem digitalen Wirkungsbericht die 2021 geleistete Hilfe bei unterschiedlichen Lebensproblemen. In dem am Freitag im Grazer Minoritensaal präsentierten Bericht kommt Zlatko zu Wort, der nach langer Arbeitslosigkeit nun in einem Beschäftigungsprojekt tätig ist; die Pädagogin Azra erzählt aus ihrem Alltag im Lerncafé für Schülerinnen und Schüler. Rupert fand nach persönlichen Schicksalsschlägen und Wohnungslosigkeit vorübergehend in der Arche 38 ein Zuhause und mittlerweile wieder eine eigene Wohnung. Und Heimo packt als Freiwilliger bei der Lebensmittelsammlung an, die "ein Herzstück der Caritashilfe für Menschen in Not" ist, wie es in einer Aussendung am Freitag heißt.
Bei aller Hoffnung auf Normalität sei 2021 "dann doch ein Jahr der Krisen" gewesen, wie der scheidende Caritasdirektor Herbert Beiglböck erklärte: Herausfordernd sei die Hilfe für die Erdbebenopfer in Kroatien zu Jahresbeginn gewesen, das ganze Jahr hindurch habe die Gesundheitskrise mit ihren Lockdowns und wirtschaftlichen Folgen die kirchliche Hilfsorganisation beschäftigt. "Für uns in der Caritas Steiermark gab es dabei immer die feste Überzeugung: Wir wollen da sein für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen", betonte Beiglböck.
Er würdigte den Einsatz der knapp 2.200 angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sowie die 1.900 ehrenamtlich Engagierten. Das Budget der Caritas Steiermark betrug 2021 rund 103 Millionen Euro. Knapp 12 Millionen Euro entfielen auf Spenden (Sach- und Geldspenden), rund 73 Millionen waren Entgelte für Dienstleistungen. Dazu kamen Subventionen und Zuschüsse der öffentlichen Hand sowie kirchliche Beiträge in Gesamthöhe von rund 17 Millionen Euro, wie die Caritas informierte.
Die Mittel wurden zielgerichtet eingesetzt: 80.200 Essen wurden im Grazer Marienstüberl ausgegeben, 2.225 Patienten in der Marienambulanz versorgt. 820 Männer, Frauen und Kinder fanden in einer der Notschlafstellen ein Dach über dem Kopf, Beratung und weiterführende Angebote. In den Beratungsstellen zur Existenzsicherung unterstützten die Mitarbeitenden insgesamt 4.490 Haushalte mit Beratung und langfristiger Begleitung darin, ihr Leben wieder selbstständig ins Lot zu bringen. Ziel sei dabei gewesen, gemeinsam wieder Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.
Ein "Multifunktionär" nimmt Abschied
Der Grazer Caritasdirektor wies in der letzten Präsentation seiner Amtszeit auf die enormen Belastungen für die Caritas-Fachkräfte hin, die "sehr oft bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gearbeitet" hätten, um in sich laufend verändernden Situationen die jeweils nötige und mögliche Hilfe anzubieten. Beiglböck übergibt sein Amt mit 1. Juli an die davor bei den "VinziWerken" tätige Vizedirektorin Nora Tödtling-Musenbichler, die dem bald pensionierten Caritas-Chef dankte: "Die Caritas ist unter Deiner Leitung digitaler, regionaler und weiblicher geworden."
Der 1960 in Hartberg geborene studierte Theologe Herbert Beiglböck hatte auf Steiermark- und auch Bundesebene zahlreiche Positionen innerhalb der Katholischen Kirche inne: Er war Generalsekretär der Katholischen Jugend Österreich und später der Katholischen Aktion Steiermark, stellvertretender Leiter des Pastoralamtes und Wirtschaftsdirektor der Diözese Graz Seckau und zuletzt Caritasdirektor. Bis Mai war Beiglböck auch Kirchenvertreter im Publikumsrat des ORF.
Im Interview der aktuellen Ausgabe des steirischen "Sonntagsblattes" formulierte er anlässlich seines baldigen Ruhestandes als Wunsch an die Bundesregierung, im Blick auf die Ärmsten der Gesellschaft eine Neugestaltung des Sozialhilfegesetzes umzusetzen. Gerade für langzeitarbeitslose Menschen sei dies absolut dringend. "Die Mindestsicherung war schon keine optimale Lösung, aber das aktuelle Modell ist ein bürokratisches Monstrum", kritisierte Beiglböck die unter Türkis-Blau umgesetzte Sozialhilfe Neu. Das "letzte staatliche Netz, das auffängt", dürfe nicht länger schwach und löchrig bleiben.
Für sich selbst plane er ab Sommer eine einjährige "Cooling off"-Phase ohne Funktionen zu übernehmen. Danach sei er offen dafür, "was sich ergibt". Nachsatz: "Wer mich kennt, weiß, dass die Enkelkinder und mein Fischteich mich nicht ganz erfüllen werden."
Quelle: kathpress