Wien: "Romaria"-Solidaritätsweg für Flüchtlinge an EU-Außengrenze
Mit dem "Romaria"-Gedenkweg haben am Wochenende Vertreter der Kirchen und Religionen in Wien ein Zeichen der Solidarität mit Geflüchteten gesetzt. Mehr als einhundert Personen haben an der 22. Aktion dieser Art am Freitag teilgenommen, wie die Organisatoren am Sonntag gegenüber Kathpress berichteten. Angelehnt an die Frage, die Gott im ersten Buch der Bibel an Kain stellt: "Wo ist dein Bruder Abel?", stand die diesjährige "Romaria" Thema "Wo ist deine Schwester?" Im Wechsel von inhaltlichen Statements und gemeinsamen Gebet ging der Weg vom Keplerplatz zum Hauptbahnhof und dann zum abschließenden interreligiösen Totengedenken für die an den EU-Außengrenzen verstorbenen Flüchtlinge in die Kirche St. Elisabeth.
Bei der ersten Station stand die Situation an der EU-Außengrenze in Bosnien im Mittelpunkt. Die Mimosen, ein Chor von Frauen, die selbst im Bosnienkrieg als Flüchtlinge nach Wien kamen, setzten dabei ein gesangliches Zeichen.
Sigrid Spenger von SOS-Balkanroute machte deutlich, dass die Solidarität allen Flüchtlingen gelten müsse, unabhängig von ihrer Herkunft. "Wir alle wissen, was in Bihac oder Velika Kladusa geschieht. Wir alle wissen, was auf Lesbos, an der Grenze Polen/Belraus und an so vielen anderen Orten, an denen die 'unerwünschten' Menschen stranden, geschieht. Und wir alle wissen, dass die Menschen, die jetzt aus der Ukraine fliehen, vor den gleichen Bomben, vor den gleichen Sirenen, vor den gleichen Angriffen, dass selbst diese Menschen nicht gleich behandelt werden", so die Aktivistin.
Begleitet von den Trommlern von "Samba Attack" führte der Weg über die Favoritenstraße zum Hauptbahnhof, der 2015 zu einem Ort großer Hilfsbereitschaft Geflüchteten gegenüber geworden war. Dafür bedankte sich Katharina Renner von der Wiener Caritas. Heute werde leider zwischen Geflüchteten Unterschiede gemacht, bedauerte die Vizepräsidentin der Katholischen Aktion Österreich. "Den einen schlägt Misstrauen entgegen, den anderen Mitleid. Unterscheiden wir zwischen dem Geschlecht, rührt uns die Not von Frauen und Kindern mehr an als die von Männern? Liegt es daran, dass wir uns in den einen wiedererkennen und die Lebenssituation der anderen für uns fremd ist?" Gedanken und Fragen, die auch bei den Beiträgen im abschließenden interreligiösen Totengedenken noch einmal von Tarafa Baghajati, dem Vorsitzenden der "Plattform Christen und Muslime", und vom reformierten Landessuperintendenten Thomas Hennefeld geteilt wurden.
Jugendvertreter der Katholischen Aktion nahmen in ihrem Beitrag die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in den Fokus. Sie erinnerten an die vielen, die hier in Österreich abtauchen und in Gefahr seien, Opfer von Zwangsarbeit und Menschenhandel zu werden. Der Staat sei gefordert, hier tätig zu werden und den minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen eine altersadäquate Aufnahme in Österreich zu ermöglichen und die Dauer der Asylverfahren massiv zu verkürzen.
Schlusspunkt der Veranstaltung war ein interreligiöse Totengedenken in der St. Elisabeth-Kirche in Wien IV., wo Schuhe im Mittelgang der Kirche im Altarraum das Flüchtlingsschicksal versinnbildlichten. Neben Baghajati und Hennefeld luden dabei auch Thomas Fiedler als buddhistischer Vertreter, Margit Plank von Bahai und eine geflüchtete Ukrainerin zum gemeinsamen Gebet, in dem die Vielfalt der Religionen und ihres Zugangs zu Leid und Tod erfahrbar wurden.
Netzwerk der Hilfe
Das "Pfarrnetzwerk Asyl" als Hauptveranstalter der "Romaria" setzt sich aus Pfarren in Wien und Umgebung zusammen, die regelmäßig gemeinsame Aktionen planen und durchführen. Dazu gehören Projekte wie "Familien helfen Familien", bei denen in Kooperation mit der Caritas Spendengelder gesammelt werden für in Bosnien lebende Familien, die sich trotz teils selbst armer Verhältnisse für Flüchtlinge einsetzen und dafür in ihren Dörfern oft zu Außenseitern werden. Mittelfristig sollen in der Stadt Bihac zwei Häuser für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entstehen, zudem läuft auch Schulungsprojekt, das Sozialarbeiterinnen in Bosnien Knowhow für die Flüchtlingsbetreuung vermittelt.
Doch auch in Österreich ist das zuletzt auf 16 Mitglieder angewachsene Pfarrnetzwerk aktiv: Mit Bewusstseinsbildung wie durch Kurzfilme in der Fastenzeit beispielsweise, welche das jeweilige Sonntagsevangelium im Hinblick auf die Hilfe für Flüchtlinge beleuchtete, oder durch konkrete Hilfe. "Alle Mitgliedspfarren sind in der Unterbringung oder Unterstützung der Ukrainerinnen beteiligt - etwa mit Wohnraum, Mahlzeiten, Deutschkursen und Freizeitangeboten", erklärte Paksanszki, in dessen Wiener Pfarre in jüngster Vergangenheit neben der Unterbringung von zehn Menschen aus der Ukraine auch für drei aus dem Iran Unterkünfte gesucht worden waren. (Infos: www.pfarrnetzwerkasyl.at)
Quelle: kathpress