Caritas: Sozialhilfe-Verbesserungen gut, aber Gesamtreform notwendig
Die Caritas begrüßt die heute angekündigten Pläne der Bundesregierung zur Überarbeitung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes. Diese Reparaturen seien überfällig gewesen, nachdem die Abschaffung der Mindestsicherung Alt unter der ÖVP-FPÖ-Regierung die Sozialhilfe als letztes Sicherungsnetz für Menschen massiv in Frage gestellt habe, hieß es in einer Aussendung am Dienstag.
"Die Abschaffung der Mindestsicherung war ein Fehler - mit teils dramatischen Folgen für die Betroffenen", erklärte Caritas-Präsident Michael Landau. Wenn es nun bei der Sozialhilfe Neu zu einigen Verbesserungen komme, sei das zu begrüßen. Klar sei aber auch: "Auch diese Korrekturen können eine Gesamtreform der Sozialhilfe Neu nicht ersetzen."
In den Caritas-Sozialberatungsstellen suchten vermehrt jene Personen um Hilfe an, die Leistungen aus der Sozialhilfe Neu oder Mindestsicherung beziehen, berichtete Landau: "Das zeigt ein strukturelles Problem in der Ausgestaltung der Sozialhilfe Neu auf. Fakt ist: Immer mehr Menschen können sich das Leben nicht mehr leisten." Im dritten Jahr der Pandemie und mitten in der enormen Teuerungswelle werde die Not bei vielen Menschen größer und größer. Die Sozialhilfe reiche in ihrer derzeitigen Höhe schon lange nicht mehr aus, um ein existenzsicherndes Leben führen zu können.
Besonders betroffen seien kinderreiche Familien, aber auch Alleinerziehende und Mindestpensionisten müssten entscheiden, ob sie ihre Wohnung heizen oder Lebensmittel kaufen. Wohnen sei für immer mehr Menschen nicht mehr leistbar.
"Wir sehen Armutssituationen, die wir seit langem nicht mehr erlebt haben. Das ist eines Sozialstaates unwürdig", betonte Landau. Die geplanten Reparaturen der Sozialhilfe seien dahingehend ein erster wichtiger Schritt'; für viel zu viele Menschen in Österreich bleibe Armut aber bestehen. "Die nötige Gesamtreform seitens der Bundesregierung bleibt aus. Das ist bedauerlich", so der Caritas-Präsident.
"Betroffene benötigen Rechtssicherheit"
Positiv ist für die Caritas an den Reparaturen etwa die Aufnahme der Härtefallklausel, mit der die Bundesländer nun für ausgeschlossene Personengruppen wieder einen Zugang zur Sozialhilfe gewähren können. Dies treffe zum Beispiel Menschen mit einem humanitären Bleiberecht, die von der Sozialhilfe ausgeschlossen und so in Armutssituationen gedrängt wurden, erklärte die Hilfsorganisation. Für wünschenswert hält es die Caritas, dass auch subsidiär Schutzberechtigten auf diese Weise der volle Zugang zur Sozialhilfe wieder ermöglicht wird.
Dass das Pflegegeld künftig nicht mehr auf das Einkommen der Betroffenen bzw. auch nicht bei deren Angehörigen angerechnet wird, ist aus Sicht der Hilfsorganisation ebenfalls positiv. Das Pflegegeld könne damit tatsächlich für die notwendigen Kosten der Pflege und Betreuung verwendet werden kann, für die es auch benötigt wird.
Auch in der Aufhebung der finanziellen Schlechterstellung von Menschen in Wohngemeinschaften erkennt die Caritas einen "sehr positiven Schritt". Denn die Deckelung habe bisher Menschen mit Behinderungen oder Menschen in Krisensituationen, die auf eine Wohnmöglichkeit in betreuten WGs angewiesen sind, besonders hart getroffen.
Kritisch merkt die Caritas an, dass es nicht gelungen sei, "von der Verankerung der vielen Kann-Bestimmungen wegzukommen". Es gebe daher weiterhin keine vollständige Rechtssicherheit für Betroffene. Und offen geblieben sei auch eine Vereinheitlichung und Anpassung der Kinderrichtsätze auf ein armutsfestes Niveau.
Die Caritas machte in ihrer Aussendung zudem darauf aufmerksam, dass eine grundlegende Reform der Sozialhilfe Neu auch vielen Kindern zugute käme. Allein im Jahr 2020 lebten rund 74.000 Kinder in Bedarfsgemeinschaften mit Sozialhilfebezug.
Diakonie sieht "ersten Schritt"
Als einen "ersten Schritt auf einem längeren Weg zu einer effektiven Armutsbekämpfung" bezeichnete Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser die vorgestellte Überarbeitung des Sozialhilfegesetzes in einer Aussendung. Die Härtefallklausel gebe den Ländern Spielraum, sie müssten diesen aber auch ergreifen, das gelte besonders für Niederösterreich.
Bei der Reparatur der Kürzungen betreuter Wohngemeinschaften sei darauf zu achten, dass die Regelung offen formuliert werde, damit nicht wieder vulnerable Personen hinausfallen, so die Diakonie. Die Abschaffung der Pflegegeldanrechnung sei ein Beitrag zu österreichweit einheitlichen Lösungen.
Noch gebe es eine Reihe von Baustellen, so werde weiterhin in Höchstsätzen statt Mindeststandards gerechnet und die Mittel für das Wohnen seien weiterhin zu gering. Weiterhin existiere die Pflicht zur Unterhaltsverfolgung bei Menschen mit Behinderungen, weiterhin sei das Ziel der Armutsbekämpfung im Sozialhilfegesetz gestrichen, so die Diakonie kritisch.
Quelle: kathpress