"Leise und ohne viel Aufsehen"
Kirchliche Fachstelle weist auf Artensterben hin
"Leise und ohne viel Aufsehen"
Kirchliche Fachstelle weist auf Artensterben hin
Das weltweite Artensterben ist eine Katastrophe, die "leise und ohne viel Aufsehen", aber mit dramatischen Folgen für die Menschheit vonstattengeht: Davor warnt die Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz (KOO) in einer Aussendung anlässlich des "Tags der Erde" (22. April). "Der Verlust der Artenvielfalt ist hier wie weltweit erschütternd und neben der Klimaerhitzung eine der gefährlichsten Krisen unserer Zeit", betonte KOO-Leiterin Anja Appel.
Die Zahlen seien alarmierend: Über ein Viertel der Säugetiere und circa 41 Prozent der Amphibienarten sind vom Aussterben bedroht. Und in nur 40 Jahren sind die Populationen von mehr als 3.700 Wirbeltierarten um fast zwei Drittel zurückgegangen. "Unser Planet, das 'gemeinsame Haus', wird leerer. Der Verlust der Arten muss daher Top-Thema werden", so Appels Forderung. Umso erstaunlicher sei es, "dass die Degradierung der Schöpfung weder gesellschaftlich noch politisch in besonderem Maße thematisiert wird".
Laut der kirchlichen Fachstelle ist eine gesellschaftliche Auseinandersetzung und die wirtschaftliche Neuausrichtung auf Gemeinwohl dringend notwendig. Schließlich betreffe der Verlust der Artenvielfalt die Menschheit weltweit und habe massive Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung, die Allgemeingesundheit und die Resilienz angesichts einer sich zuspitzenden Klimakrise. Auch die Gefahr von zusätzlichen Krisen wie Pandemien steige infolge dieser Mechanismen.
Die KOO als Interessenvertretung der entwicklungspolitisch tätigen katholischen Organisationen sieht ein Aufgreifen dieser Problematik als Pflicht. Appel: "Als Teil der Schöpfung sind wir Menschen von Grund auf abhängig und zugleich durch unser massives Eingreifen in Naturräume wesentlich verantwortlich für deren Zerstörung."
Fenster für Artenschutz schließt sich
Aufgrund mehrerer Verschiebungen ist nun für Herbst 2022 der zweite Teil der 15. Vertragsstaatenkonferenz der UNO (COP15) zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt geplant. Diese müsse dringend "ein neues, ambitioniertes Übereinkommen" bringen. Bis dahin stünden aber noch viele Verhandlungen an. Auch in Österreich warte man bislang vergeblich auf die Veröffentlichung der Biodiversitätsstrategie, kritisierte Appel.
Klar sei, so die Expertin: "Das Gestaltungsfenster zum Schutz des Klimas und damit verbunden auch dem Schutz der Arten, schließt sich." Es handle sich beim Artenschutz um "zähe Prozesse", auch weil es zahlreiche ökonomische Profiteure des Status quo gebe. Hier müssten Gesellschaften und ihre politischen Vertretungen eingreifen und eine Umkehr einleiten, hin "zu einem enkel*innentauglichen Lebensstil".
Wichtig sei, dass es endlich zu einer breiten gesellschaftlichen Befassung und zu mehr Bewusstsein und Bereitschaft der Menschen komme. Es brauche mehr Genügsamkeit, Reduktion und Verzicht, betonte Appel, die sich zugleich überzeugt zeigte: "Wir gewinnen Zukunft, wenn wir die Artenvielfalt erhalten. Wir gewinnen Frieden, wenn wir lernen, miteinander Lösungen zu finden. Wir gewinnen Gerechtigkeit, wenn wir uns den Realitäten der jetzigen globalen Strukturen ernsthaft stellen und uns für deren Veränderung einsetzen."
Quelle: Kathpress