"Christus-Uhr" in Graz: Ostern als "auf den Kopf gestellter Tod"
Der Christus-Korpus eines historischen Kruzifixes veranschaulicht als Kern der Osterbotschaft "den auf den Kopf gestellten Tod". Ein derzeit im Grazer "Kultum" zu sehendes Kunstobjekt von Manfred Erjautz ist für dessen Leiter, den Theologen und Kunsthistoriker Johannes Rauchenberger, Anlass für einen Ostergruß des kirchlichen Kulturzentrums und einen Brückenschlag zwischen zeitgenössischer Kunst und christlichem Glauben. In einem Video erläutert er das Werk, für das der steirische Künstler eine Christusfigur restaurierte und umfunktionierte: Körper, Beine und Hände zeigen als bewegliche Körperteile Stunden, Minuten und Sekunden an.
"Ich halte diese Skulptur für ein epochales Werk, wenn es darum geht, danach zu fragen, ob und wie die Figur Jesu in der heutigen Kunst vorkommt", sagte Rauchenberger in seinem auf Facebook abrufbaren Video. Sie werde Teil des "Kultum"-Museums werden, das sich dafür interessiere, "wie Gegenwart, Kunst und Religion in ein sich gegenseitig befragendes, stimulierendes, auch kritisches Verhältnis kommen".
Erjautz' "Christus-Uhr" ist ein funktionierender, nach der mitteleuropäischen Sommerzeit ausgerichteter Chronograph. Einmal in zwölf Stunden - um 12 und wieder um 6 Uhr - dreht sich der Korpus von seiner aufrecht stehenden Haltung kopfüber. Um 3 Uhr stehen Körper und linke Hand im rechten Winkel, ebenso um 9 Uhr, dann aber andersrum. Dieser linke Arm ist der Minutenzeiger, er dreht sich einmal pro Stunde. Der rechte ist der Sekundenzeiger, er dreht sich einmal in der Minute.
Kreislauf von Hass und Hoffnung
Das Kunstwerk habe bei einer Fasteninstallation in der Diözese Innsbruck vor zwei Jahren für Irritation gesorgt - und ja, dem dekonstruierten Kruzifix werde hier "viel angetan", räumte Rauchenberger ein. Es verändere sich permanent, bewege sich, "wie sich auch das Kreuz und die unendlich vielen Kreuze bewegen", nahm der Experte Bezug auf den aktuellen Krieg. Die Symbolik von Karfreitag und Ostern sei aber mehr als die heutige Not. Es stellten sich Fragen rund um diesen "in einem Kreis gebannten" Jesus, so Rauchenberger: Ist es die "ewige Wiederkehr von Krieg, Hass und Gewalt", das Anzeigen, "dass unsere Zeitlinie zu Ende ist" oder geht es um das Versprechen, "dass in ihm, wie in der Osterkerze der Osternacht, Anfang und Ende eingeschrieben sind"?
Dem aus Graz stammenden und in Wien lebenden bildenden Künstler Manfred Erjautz widmet das "Kultum" noch bis 17. Juli eine große Personale: Die Anfang April eröffnete Ausstellung "Dinge/Things" präsentiert neben der "Christus-Uhr" Dutzende kleiner Tischskulpturen und Uhren, eine mehr als 50-teilige Totentanz-Serie auf Basis des bekannten Basler Totentanzes sowie schwebende Steine, Körper und Skelette im "Blindflug". Erjautz gilt als einer der führenden Vertreter skulpturaler Kunst in Österreich und ist Mitglied der Wiener Secession und von Forum Stadtpark. (Info: www.kultum.at)
Quelle: kathpress