Bischöfe am Karfreitag: Antwort auf Leid ist Christus selbst
Christen in ganz Österreich haben am Karfreitag bei Gottesdiensten an den Tod Jesu erinnert. Die Bischöfe verbanden in ihren Worten bei den Liturgien vielfach den Blick auf den Gekreuzigten mit jenem auf das Leid heutiger Menschen, etwa im Krieg. Ihre Verbundenheit mit den Menschen in der Ukraine und in allen Kriegsgebieten weltweit drückten die Gläubigen mit einer zusätzlichen Fürbitte im "Großen Fürbittgebet" aus. Man bete für alle, "die vor dem Schrecken der Gewalt geflohen und ihrer Heimat beraubt sind; für alle Frauen und Männer, die mit ihrem Leben einstehen für die Abwehr des Bösen und für den Schutz der Schwachen und Verfolgten", hieß es etwa auch bei den Feiern mit Kardinal Christoph Schönborn im Wiener Stephansdom und Erzbischof Franz Lackner im Salzburger Dom.
Zentrale Elemente der Karfreitagsliturgie sind die Johannespassion sowie die Kreuzverehrung. Christen feierten am Karfreitag aber nicht die Brutalität und Grausamkeit gegen Jesus oder die Ungerechtigkeit, sondern "wir feiern, dass er vor der Grausamkeit, vor der Abgründigkeit, vor dem unfassbaren Leid, vor dem Tod nicht zurückgeschreckt ist", betonte Bischof Josef Marketz am Abend im Klagenfurter Dom. Jesus habe damit hat Jesus im Letzten auch die vermeintliche Sinnlosigkeit des Leids überwunden.
Gerade in den vergangenen Wochen werde durch den Krieg deutlich: "Diese Welt, in der wir leben, die ist nicht gerecht. Sie ist auch nicht heil, war es wohl noch nie." Und doch gebe es in ihr Schönheit und Wahrheit und wundervolle Spuren von Liebe, sagte der Kärntner Bischof. "Aber zugleich nimmt doch jeder von uns wahr, dass diese Welt bis in tiefste Abgründe hinein gebrochen, unvollendet und dramatisch ungerecht ist." Die allermeisten Ungerechtigkeiten würden nicht durch Naturkatastrophen verursacht, sondern durch das böse oder unheilvolle Handeln von Menschen.
Die einzige Antwort darauf sei Christus selbst: "Er bejaht alles Leid, das ihm zugefügt wird, allen Hass, allen Spott, alle Ungerechtigkeit. Er lädt alles auf sich. Und er lässt sich umbringen und geht hindurch - ins Leben." Er mache dadurch für einen gläubigen Menschen deutlich: "In der Verbindung mit ihm, mit Jesus, gibt es kein Leid in dieser Welt mehr, das einfach nur sinnlos wäre." Er sei überzeugt, so der Bischof, "dass Jesus spätestens seit seinem Tod am Kreuz in jedem Menschen leidet und mitleidet - und ganz besonders in jedem, der zu Unrecht leidet".
Jesus habe das Leid nicht einfach beseitigt, "aber in seinem Kreuzweg hat er uns die Möglichkeit eröffnet, unseren Leiderfahrungen in dieser Welt trotzdem Sinn abzugewinnen und Tiefe". Er lerne immer wieder Menschen kennen, "die mitten in großem Leid Stand halten und Vertrauen ausstrahlen - einfach weil sie tief mit Jesus leben", so Bischof Marketz.
"Wir schauen auf Christus"
"Wir beten als Christen nicht das Leiden und das Kreuz an sich an. Wir schauen auf Christus", betonte Bischof Manfred Scheuer im Linzer Mariendom. Der Karfreitag wende den Blick auf den leidenden Jesus, aber auch auf die gezeichneten Gesichter von Kranken und Sterbenden, Flüchtlingen, geschlagenen Kindern oder Jugendlichen, die keinen Platz in der Gesellschaft finden.
Viele Menschen könnten heute weder mit der Botschaft vom Leiden und vom Kreuz noch mit der Osterbotschaft von der Auferstehung etwas anfangen. Wer aber Leid, Kreuz und Tod ausblende, sei "nicht wirklich dem Leben näher und mehr an der Freude dran", so Scheuer: "Es wäre Verrat an konkreten Menschen und Vergesslichkeit, Gleichgültigkeit gegenüber Krankheit und Not."
Die Autorität Gottes vergegenwärtige sich weder in politischer noch in sakraler Macht, betonte der Bischof. "Sie hat ihre Sichtbarkeit in den Verletzlichsten, in den Machtlosen, in den Schwachen, in den Opfern." Christen müssten Leid "lindern, mindern oder verhindern", so Scheuer: "Es gibt Situationen und Begegnungen: da müssen wir einfach helfen. Alles andere wäre kalt und unmenschlich. Widerstand ist dort notwendig, wo es gilt, vermeidbares Leiden abzuschaffen; Ergebung und Annahme dort, wo Leid nicht überwunden, sondern nur ertragen und im Licht der Auferstehung Christi in Hoffnung verwandelt werden kann."
Krautwaschl: Grab und Leere aushalten
Der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl stand dem Karfreitagsgottesdienst in Gratkorn vor. Das Ziel bzw. die Vollendung des Lebens liege nicht in Wohlstand oder gar materiellem Reichtum, sondern in einem Lebensstil, der von gegenseitiger Verantwortung geprägt ist, sagte der Bischof in seiner Predigt: "Zu diesem Lebensstil, zu dieser Verantwortung für alle rundum bis zum vermeintlich bitteren Ende, gehört - und das ist in unserer von Leistung und Besitz geprägten Gesellschaft gar nicht wohlgehört - freilich auch das Grab und damit das Aushalten einer Leere, die nicht überbietbar ist."
Ostern gebe es nicht ohne die Trauer des Karfreitags und ohne die Düsternis des Karsamstags, so Krautwaschl: "Gestehen wir uns doch ein: Es gibt das Anstehen, die Verzweiflung, das nicht Weiterkönnen, das Aushalten und nicht ändern Können." Gerade auch in diesen Momenten werde Jesus, der all das freiwillig auf sich genommen hat, sichtbar: "Ihm wollen wir auch unseren Karfreitag, unser Scheitern am heutigen Tag anvertrauen. In der Zuversicht, dass er auch über das Scheitern hinaus für uns da ist."
Quelle: kathpress