Kunstprojekt im Linzer Mariendom lenkt Fokus auf Frauenporträts
Im Linzer Mariendom lenkt derzeit das Kunstprojekt "Die Betrachterin" von Margit Greinöcker den Fokus auf einzelne Frauendarstellungen. Von künstlerischem und wissenschaftlichem Interesse angetrieben, sollen biografische Erzählungen, historische Kontextualisierungen und künstlerische Interpretationen kreative Denkräume eröffnen. Zudem soll ein zeitgenössischer Diskurs über Geschlechterkonstruktionen des katholischen 19. Jahrhunderts angeregt werden, hieß es in einer Aussendung der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz.
Die Kunstinstallation wurde vergangene Woche bei einer Wortgottesfeier mit zahlreichen Mitfeiernden vorgestellt. Als eines von zwei Projekten setzt "Die Betrachterin" das interdisziplinäre Projekt "Frauen* im Mariendom" von Kunstwissenschafterin Professorin Anna Minta und Theologin Martina Resch der KU Linz in diesem Sommersemester fort. Greinöcker und die für das zweite Kunstprojekt "Die Darstellerin" verantwortliche Zoe Goldstein konnten auf den Forschungsergebnissen der Broschüre "Licht.Schatten.Dasein" aufbauen, die 2021 gemeinsam mit Studierenden an der KU Linz entstanden war. Die Broschüre widmete sich den historischen Frauenbildern, den Weiblichkeitskonzeptionen und Rollenverständnissen des 19. und ausgehenden 20. Jahrhunderts im Bild- und Ausstattungsprogramms des Linzer Doms.
Elf Frauen aus den Bereichen Kunst, Kirche und Gesellschaft eröffneten den von Pastoralassistentin Stefanie Hinterleitner geleiteten Gottesdienst mit einem gemeinsamen liturgischen Einzug. Gemäß dem Anliegen der Künstlerinnen, die Möglichkeitsräume liturgischer Feiern auszuloten, nahmen die Frauen prominente Plätze im Kirchenraum ein und eröffneten auf diese Weise vielfältige ästhetische und spirituelle Erfahrungsräume. Im Akt des gemeinsamen Feierns bildeten sich neue Konstellationen der Teilhabe, die einige Antworten auf die Frage: "Wo bist du, Frau?" zuließen und eine selbstbewusste Haltung des "Hier bin ich!" einforderten.
Hinterleitner hob den jesuanischen Stil der bewussten Kommunikation mit Frauen auf Augenhöhe, und mit Personen, die den normativen Geschlechter- und Rollenvorstellungen der Zeit nicht entsprachen, hervor. Mit der Frau am Jakobsbrunnen aus dem Johannesevangelium führe Jesus den längsten Dialog in den Evangelien. Es seien stets Frauen gewesen, die vom Anfang an bis zum bitteren Ende und über dieses hinaus an der Seite Jesu, sowie später in Verkündigung, Lehre und Leitung an vorderster Stelle aktiv waren.
Übersetzungen ins Heute
Anna Minta würdigte in ihren Eröffnungsworten die Arbeit der Künstlerinnen. Die Geschichte des Mariendoms werde zum Anknüpfungspunkt für künstlerische Übersetzungen ins Heute, so die Kunstwissenschafterin. Bischofsvikar Johann Hintermaier verwies in seinen Grußworten unter Berufung auf Norbert Tragwögers Publikation "Spiel" (2022) auf das Spielen, Feiern, Kunstschaffen als eine äußere wie innere Bewegtheit, die als ein Ausloten von Möglichkeitszuständen gesehen werden müsse. Stadträtin Doris Lang-Mayrhofer hob in ihren Eröffnungsworten hervor, dass es für mehr Sichtbarkeit von Frauen in Kunst, Kirche und Gesellschaft starke Dialogpartnerinnen und -partner, sowie interdisziplinäre Netzwerke benötige.
Zoe Goldsteins Projekt "Die Darstellerin" lädt ein, sich selbst in Anlehnung an das historische Glasfensterporträt "Pilgerfahrt II" in die Szenerie der Pilgerfahrt zu begeben. Dabei spielen die Metapher des Bootes und Debatten rund um das Thema Freiheit des Aufbruchs und Zwang zur Flucht eine Rolle. Bereits in der Langen Nacht der Kirchen (10. Juni) sollen die Übersetzung des Bildes und die Kulisse zugänglich sein. Die Eröffnung folgt in der "Langen Nacht der Bühnen" (11. Juni) mit Musik, Lesung und Diskussion.
Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport, von LINZimPULS, dem Domkapitel Linz, der KU Linz, Pro Mariendom, Pastorale Berufe Diözese Linz, der Dompfarre Linz, der Frauenkommission der Diözese Linz sowie dem Augustiner-Chorherrenstift St. Florian.
Quelle: Kathpress