"Kultum" Graz: Große Personale von Manfred Erjautz
Dem aus Graz stammenden und in Wien lebenden bildenden Künstler Manfred Erjautz widmet das Grazer Kulturzentrum bei den Minoriten ("Kultum") eine große Personale: Die am Wochenende eröffnete Ausstellung "Dinge/Things" präsentiert Dutzende kleiner Tischskulpturen und Uhren, eine mehr als 50-teilige Totentanzserie, die Erjautz auf Basis des bekannten Basler Totentanzes erst jüngst fertigstellte, schwebende Steine, Körper und Skelette im "Blindflug" sowie eine große Uhr, deren Zeitzeiger der Corpus Christi ist. Erjautz gilt als einer der führenden Vertreter skulpturaler Kunst in Österreich und ist Mitglied der Wiener Secession und von Forum Stadtpark.
"Kultum"-Leiter Johannes Rauchenberger nannte dessen "Christus-Uhr" im Interview mit Kathpress ein eindrucksvolles "Bündel an Dekonstruktion und Neukonstruktion von Zeit in Christus zugleich". Erjautz verwendete dafür ein historisches Kruzifix, das er restaurierte und umfunktionierte: Körper, Beine und Hände zeigen als bewegliche Körperteile Stunden, Minuten und Sekunden an. "Die Sprache der Dinge, die Bemessung und zugleich die Bestreitung der Zeit stehen im Zentrum der großen Personale", heißt es auf der Kultum-Website. Dinge und die Suche, mit ihnen "einen Ort, eine Bedeutung, ja vielleicht sogar eine Zuflucht ('shelter') zu finden" - so lapidar lasse sich die Ausstellung vom 2. April bis 17. Juli 2022 zusammenfassen.
"Totentanz" im Mittelalter und heute
Parallel dazu gibt es auch eine Fastenzeit-Installation von Manfred Erjautz bis 15. April in der Grazer St.-Andrä-Kirche sowie eine weitere Installation bis 1. Mai in der kirchlichen QL-Galerie in Graz, die mit "Echo der Dinge" betitelt ist. Deren Leiter, Hochschulseelsorger Alois Kölbl, führte mit dem Künstler für die aktuelle Ausgabe des steirischen "Sonntagsblattes" ein Interview vor allem über den zur Fastenzeit passenden Zyklus zum spätmittelalterlichen Basler Totentanz. Fasziniert hätten ihn Kupferstiche und später auch eine Holzschnittserie dazu, die "mit einer unglaublichen Expressivität, die ich sofort als sehr gegenwärtig empfand", die Kommunikation des tanzenden Todes mit dem Gerade-Noch-Lebendigen geschildert werde.
Diese historischen Darstellungen des Totentanzes, in denen alle Stände und Berufe der Entstehungszeit dargestellt seien, habe er vergegenwärtigt, so Erjautz: "Ich stelle Momente unseres Alltags zu den historischen Bildern. Unsere Gegenwart besteht plötzlich aus Krieg, der für uns in Europa noch vor Kurzem unvorstellbar war und dem Phänomen einer Pandemie, die wir in unserer Welt nicht mehr für möglich hielten. Alles wird unsicher, das verändert uns Menschen auch in unserem Wesen." Zu seinen Bearbeitungen sagte der Künstler: "Das alles hat direkt mit den Ängsten unserer Zeit zu tun."
Der 1966 in Graz geborene Manfred Erjautz studierte von 1985 bis 1990 an der Akademie der bildenden Künste Wien bei Bruno Gironcoli und lebt in Wien. Mit seinen Arbeiten wie der Marmorskulptur "Das Erforschen der Dauer/Searching into permanence, vulgo Schneemann" (2005) im Hof des Grazer Priesterseminars oder mit seinem "Lego-Kreuz" (2004) für die Wiener Jesuitenkirche hat Erjautz auch im kirchlichen Kontext für Akzente - und Provokationen - gesorgt. Die nun in Graz zu sehende Christus-Uhr wurde auf Einladung von Bischof Hermann Glettler 2019 in der Spitalskirche in Innsbruck gezeigt und löste auch dort Debatten aus.
(Info: www.kultum.at und khg-graz.at)
Quelle: kathpress