Synodaler Prozess: Theologische Fakultäten legen Reformpapier vor
"Lasst die Bischöfe nicht allein!" - So hebt einer von insgesamt sieben "Leitsätzen" eines "Positionspapiers" an, mit dem sich die Katholisch-Theologischen Fakultäten Österreichs in den laufenden weltkirchlichen Synodalen Prozess einbringen. Das Papier benennt kirchliche Reformpotenziale und zeigt zudem auf, wo diese bereits gegeben sind bzw. nur wiederentdeckt werden müssten. Konkret empfehlen die Theologinnen und Theologen, kirchenrechtliche Spielräume für mehr Partizipation zu nutzen, "subsidiäre Strukturen" auszubauen, kirchengeschichtlich "Verschüttetes wieder zu entdecken", von den Orden und Schwesterkirchen sowie von den Sozialwissenschaften zu lernen. Das Zusammenspiel all dieser Punkte würde das Potenzial in sich bergen, "Strukturreformen im Sinne des Konzils voranzubringen".
Das Kirchenrecht kenne bereits jetzt Werkzeuge und Möglichkeiten in Form von "Beispruchrechten", die bei einer Weiterentwicklung in Richtung "Anhörungs- oder Zustimmungsrechten" ermöglichen würden, Laien stärker in der Leitung auf verschiedenen Ebenen einzubinden. Konkret könnte etwa auf diözesaner und auf pfarrlicher Ebene in den Verwaltungs- und Pfarrpastoralräten den Laien mehr Rechte eingeräumt werden und so verwirklicht werden, "was eine synodale Kirche tatsächlich ausmacht": dass Laien Anteil an der Ausübung von "Leitungsgewalt" haben.
Erst spät "Einengung auf die Hierarchie
Weiters erinnern die Fakultäten in Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck an das Prinzip der Subsidiarität als Gestaltungsprinzip moderner Organisationen: Dies sei "nicht gleichbedeutend mit der Aufgabe jeder Form übergeordneter Autorität", sondern trage der "Buntheit" und "Pluralität innerhalb der einen Kirche" Rechnung und müsse daher ausgebaut werden. Ebenso könne Kirche aus ihrer eigenen Geschichte lernen, in der es "Verschüttetes" gebe, das bereits die gesuchten "partizipatorischen synodalen Möglichkeiten" enthalte. In der frühen Kirche seien regionale und lokale Synoden übliche Formen gemeinsamer Beschlussfassungen von Laien und Klerus gewesen. Erst mit der Neuzeit und schließlich im 19. Jahrhundert sei es zu einer "Einengung auf die Hierarchie und Entfernung von der altkirchlichen Tradition" gekommen.
Lernorte für neue Formen der Partizipation böten schließlich auch Blicke in die monastische Tradition und die Schwesternkirchen, so die Theologen weiter. Im Bereich der Ordensgemeinschaften verweisen sie etwa auf die benediktinische Tradition bzw. die benediktinischen Klöster, die sich durch eine "flache Hierarchie", ein ausgefeiltes Wahlsystem und "synodale Züge" auszeichnen. "Es ergibt sich ein Leitungsmodell, das Autorität und kooperativ-partnerschaftliches Verhalten in Balance bringt", heißt es in dem Dokument, das Kathpress vorliegt.
Im Bereich der orthodoxen Kirchen verweist das Dokument auf die tief verankerte Synodalität in den Ostkirchen und auf den orthodox-katholischen Dialog, der in gemeinsamen Tagungen und Dokumenten 2007 in Ravenna und 2016 in Chieti die wechselseitige Bezogenheit von Synodalität und päpstlichem Primat betont hatten. Hier könnten die beiden Kirchen voneinander lernen, schließlich bedeute Synodalität auch "ökumenisches Zuhören".
Nicht Macht als Dienst verbrämen
Auf der Suche nach neuen Leitungsmodellen könne Kirche auch in soziologischen Leitungstheorien fündig werden, führen die Theologen weiter aus. Leitung müsse demnach auf unterschiedlichen Ebenen und nicht nur personalisiert mit Blick auf den Priester oder Bischof verstanden werden. Leitung sei vielmehr eine "Gemeinschaftsaufgabe im Zusammenwirken auf unterschiedlichen Ebenen". "Problematisch wird es für eine Organisation, wenn die Aspekte von Macht und Dienstleistung nicht geklärt werden und real vorhandene Macht als Dienst verbrämt wird." Gerade im Blick auf das Phänomen des geistlichen Missbrauchs gelte es, dieses Verhältnis offenzulegen und zu klären.
Abschließend votieren die Theologinnen und Theologen mit dem Appell "Lasst die Bischöfe nicht allein!" dafür, sich solidarisch zu zeigen und gemeinsam für eine missionarische Kirche einzustehen. "Es geht letzten Endes in der Kirche nicht darum, wer entscheidet, sondern es geht um die Missio Dei, um den Plan Gottes für die Welt und für die Menschheit". Dies bedeute auch, dass kirchliche Strukturen insgesamt stets auf diesen Auftrag hin "geprüft und weiterentwickelt" werden müssen. So heißt es am Ende wörtlich:
"Alle strukturellen Blockaden, die diese missionarische Ausrichtung der Kirche behindern, liefern die Kirche strukturellen Gegebenheiten aus und ergeben eine praktisch-häretisch, wesenswidrige Schräglage. Eine Fortentwicklung kirchlicher Strukturen mit Blick auf die Mission lässt auf eine neue kraftvolle Dynamik in der derzeit erstarrten Evangelisierung hoffen. Der synodale Prozess hat die Chance, Strukturreformen im Sinne des Konzils voranzubringen."
Quelle: kathpress