Kardinal Schönborn: Papst setzt auf "gesunde Dezentralisierung"
Die Kurienreform von Papst Franziskus zielt wesentlich auf eine "gesunde Dezentralisierung" der Kirche ab. Darauf hat Kardinal Christoph Schönborn am Montag in einer Reaktion zur Veröffentlichung der neuen Apostolischen Konstitution zur internen Organisation der Römischen Kurie hingewiesen. "Mit diesem Leitwort will Papst Franziskus die Verstärkung der gemeinsamen Verantwortung zwischen Papst und Römischer Kurie einerseits und den Ortskirchen anderseits zum Ausdruck bringen", erklärte der Wiener Erzbischof auf Anfrage der Nachrichtenagentur Kathpress. "Praedicate Evangelium" (Verkündet das Evangelium): Dieser Titel der neuen Kurienordnung verweise ganz generell darauf, "in welchem Geist die Organisation und die Tätigkeit ihrer Organe gestaltet werden soll", hob Schönborn zudem hervor.
Papst Franziskus hatte die lange erwartete Kurienordnung am Samstag veröffentlicht. Das 54 Seiten lange Dokument, das zu Pfingsten in Kraft tritt, regelt in 250 Paragrafen den Aufbau der Römischen Kurie, darunter die Zuschnitte der im Vatikan "Dikasterien" genannten Ministerien, Justiz- und Wirtschaftsorgane sowie weiterer Büros und Einrichtungen des Heiligen Stuhls. Dezentralisierung und Evangelisierung waren zentrale Punkte bereits im am Beginn des Pontifikats von Franziskus 2013 veröffentlichten programmatischen Schreiben "Evangelii Gaudium". Etliche Teile der Kurienreform, die in der neuen Ordnung nun festgeschrieben sind, wurden in den vergangenen Jahren auch bereits umgesetzt.
Neu ist unter anderem die Fusionierung der bisherigen Missionskongregation ("Propaganda fide") mit dem Päpstlichen Rat für Neuevangelisierung zu einem vom Papst selbst geleiteten "Dikasterium für Evangelisierung". Außerdem wertet Franziskus das bisherige Amt des päpstlichen Almosenmeisters auf zu einem "Dikasterium für den Dienst der Nächstenliebe".
Schönborn: "Vielversprechend"
Große mediale Beachtung fand nach der Veröffentlichung von "Praedicate Evangelium" zunächst insbesondere eine Änderung im Vergleich zur bisher geltenden Kurienordnung "Pastor bonus" Johannes Pauls II. aus dem Jahr 1988: Demnach können künftig auch Laien, Männer und Frauen, in die Leitungspositionen der Kurie berufen werden.
Da die Autorität der Organe der Römischen Kurie eine "potesta vicaria" (stellvertretende Vollmacht) darstellt, folgert die Apostolische Konstitution, dass bei entsprechender Kompetenz "jeglicher Gläubige einem Dikasterium oder einem Organ vorstehen kann", zitierte Kardinal Schönborn gegenüber Kathpress aus dem Papsterlass. Gleichzeitig erinnerte der Kardinal, dass dies etwa im vatikanischen Dikasterium für die Medien bereits verwirklicht ist. Dort amtiert mit Paolo Ruffini (65) seit Herbst 2018 ein Laie als Präfekt des Dikasteriums.
Auch die mit der Kurienreform einhergehenden Erneuerungen im Bereich der wirtschaftlichen Führung seien "vielversprechend", so Kardinal Schönborn. Er betonte insgesamt, dass er sich über die lange erwartete Veröffentlichung der Apostolischen Konstitution freue. Papst Franziskus entspreche damit dem von den Kardinälen deutlich ausgesprochenen Wunsch vor dem Konklave von 2013.
Der 77-jährige Wiener Erzbischof ist selbst seit vielen Jahren Mitglied in mehreren Behörden und Einrichtungen der Römischen Kurie. Aktuell gehört der Kardinal der Glaubenskongregation, der Kongregation für die orientalischen Kirchen und dem Neuevangelisierungsrat an, viele Jahre lang wirkte er auch als Mitglied der Bildungskongregation. Schönborn gehört zudem dem Rat des vatikanischen Synodensekretariats und dem für die Vatikanbank IOR zuständigen Kardinalsrat an.
Quelle: kathpress