Caritas-Appell zum Dialog - Warnung vor humanitärer Katastrophe
Mit einem gemeinsamen Appell zu einer Fortsetzung des politischen Dialogs und zur Verhinderung einer humanitären Katastrophe haben sich Caritas-Präsident Michael Landau und die Präsidentin der Caritas in der Ukraine, Tetiana Stawnychy, zu Wort gemeldet. "Ein Auflodern des Krieges in der Ukraine würde kein einziges Problem lösen, aber den Menschen in diesem Land enormes Leid zufügen. Ein Leid, viel größer als jenes, das ihnen bereits bisher zugefügt wurde", sagte Landau am Samstag bei einem Online-Pressegespräch. Seit 2014 seien mehr als 13.000 Menschen dem Konflikt zum Opfer gefallen, 1,5 Millionen seien zu Flüchtlingen im eigenen Land geworden. "Es genügt nicht, über Militär und Politik zu sprechen. Wir müssen auf dieses Leid der Kinder, Frauen und Männer schauen."
Wenn keine friedliche Lösung gefunden werde, drohe eine Flüchtlingswelle von Millionen Menschen in der Ukraine und in den Nachbarländern. Die Folge wäre eine "humanitäre Katastrophe, wie wir sie in Europa seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt haben", mahnte Landau, der zugleich Präsident von Caritas-Europa ist. Die Ukraine sei ein Teil Europas und daher betreffe der Konflikt auch in humanitärer Hinsicht ganz Europa, mahnte Landau. "Die Ukraine ist nicht weit entfernt. Europa - und auch Österreich - muss alles tun, um auf das humanitäre Drama eine entschiedene und umfassende humanitäre Antwort zu geben."
Die Caritas sei indes weiterhin in der gesamten Ukraine aktiv - selbst in den besonders betroffenen Konfliktgebieten in der Ostukraine, berichtete Caritas-Ukraine-Präsidentin Stawnychy. Zwei Teams mussten zwar zuletzt aus Sicherheitsgründen abgezogen werden, dennoch tue man alles, um die Projekte und Hilfsprogramme, die in den vergangenen 30 Jahren aufgebaut wurden und von denen vor allem Kinder und Familien, aber auch Pflegebedürftige und behinderte Menschen profitierten, fortzuführen. Viele Kinder litten unter Panikattacken und Traumata nach den vergangenen Kriegsjahren. Sie dürften nicht allein gelassen werden. "Wir werden nicht aufhören mit unserer Arbeit. Wenn die Sicherheitslage es erfordert, werden wir sie kurzzeitig aussetzen, um unsere Mitarbeitenden nicht zu gefährden, aber wir bleiben."
Caritas-Netzwerk bereitet sich auf Flüchtlingshilfe vor
Derzeit spiele man verschiedene Szenarien durch und versuche, sich bestmöglich auf die kommenden Tage und Wochen vorzubereiten, so Stawnychy. Dazu zähle eine verstärkte Kommunikation mit den Partnerorganisationen nicht nur vor Ort, sondern auch in den umliegenden Ländern, um sich bestmöglich auf eine mögliche Flüchtlingswelle vorzubereiten. Ähnlich Caritas-Präsident Landau: "Wenn es zu einer Fluchtbewegung kommen wird, wird die Caritas überall in der Ukraine und in den Nachbarländern extrem gefordert sein. Sollte der Konflikt in eine neue Phase treten, dann könnten Hundertausende zu Flüchtlingen werden und müssten versorgt werden."
Einblicke in die konkrete Arbeit vor allem mit Kindern und Familien, die durch den andauernden Konflikt leiden, bot bei dem Pressegespräch die Leiterin des Caritas-Kinderzentrums in Kiew, Vera Koshil. Man bereite sich u.a. dadurch auf die kommenden Tage und Wochen vor, dass man Not-Koffer für die Kinder packe, falls eine Evakuierung notwendig sein sollte, es würden Sicherheitsräume eingerichtet und Evakuierungspläne erstellt. Darüber hinaus versuche man, in der alltäglichen Arbeit den Konflikt gegenüber den Kindern nicht bewusst anzusprechen, da die Kinder nach wie vor traumatisiert seien und viele unter psychischen Belastungen und Albträumen litten, so Koshil.
Seit 30 Jahren vor Ort aktiv
Die heimische Caritas ist seit knapp 30 Jahren vor Ort im Einsatz und hat seit Ausbruch des Krieges mehr als 800.000 Menschen mit ihrer Hilfe erreicht. Die Projekte befinden sich im ganzen Land - entlang der 420 Kilometer langen Kontaktlinie im Osten ebenso, wie in allen anderen Landesteilen. Die Hilfe beruht auf der Versorgung mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs, psychosozialer Unterstützung, häuslicher Pflege in schwer zugänglichen Gebieten, sauberem Wasser, Hilfe beim Lebensunterhalt und Schutzräumen in Tageszentren für Kinder.
Um dieses Angebot auch in der aktuellen Konfliktlage aufrecht zu erhalten, bittet die Caritas dringend um Spenden: Mit 25 Euro könne etwa die Notversorgung von einem Haushalt mit Lebensmitteln sichergestellt werden, mit 50 Euro könne man die Schulbildung für Kinder im Konfliktgebiet in der Ostukraine unterstützen und für 180 Euro sei ein Haushalt drei Monate lang mit Heizmaterialien versorgt. (Spenden: www.caritas.at/kinder, oder IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort: Kinder in Not)
Quelle: kathpress