Pinz wehrt sich gegen Pauschalangriffe gegen Religionslehrkräfte
Die Schulamtsleiterin der Erzdiözese Wien, Andrea Pinz, wehrt sich gegen "Pauschalangriffe gegen Religionslehrkräfte" in der Wiener Stadtzeitung "Falter". Die Behauptung von Kommentator Peter Michael Lingens, es sei "verantwortungslos, Kinder der besonderen Nähe und Autorität von Religionslehrern auszuliefern, die sich überproportional häufig sexueller Übergriffe schuldig machen" ("Falter" 5/22) stelle "eine ganze Berufsgruppe - unreflektiert oder beabsichtigt - unter Generalverdacht" und sei unsachlich und empirisch unhaltbar, schrieb Pinz in einem am Mittwoch veröffentlichten Leserbrief. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für die These, "dass ein Religionslehrer oder eine katholische Schule ein größeres Risiko darstellt als andere Lehrkräfte bzw. Bildungseinrichtungen".
Der vor dem Hintergrund des Münchner Missbrauchsgutachtens über Übergriffe im kirchlichen Umfeld formulierte Polemik Lingens' begegnete die Schulamtsleiterin mit dem Hinweis auf ein in den letzten Jahrzehnten entwickeltes neues Problembewusstsein in Bezug auf Missbrauch. Es seien Standards für Aufarbeitung und Prävention erstellt worden, gerade auch in der "besonders im Rampenlicht" stehenden katholischen Kirche. Pinz erwähnte hier die Einrichtung der "Klasnic-Kommission" (Opferschutzanwaltschaft), unabhängiger Ombudsstellen und ein "strenges, verbindliches Regelwerk, zu dem sich sämtliche Mitarbeitenden verpflichten müssen". Peter Michael Lingens dagegen begründe sein Plädoyer für das Entfernen der Religionen aus dem Schulwesen ("Zeit, Schule und Kirche zu trennen") mit Missständen der Vergangenheit.
Religion im öffentlichen Raum Schule ist nach den Worten von Pinz gekennzeichnet durch die gemeinsame Verantwortung von Staat und Glaubensgemeinschaften für pädagogische und inhaltliche Qualitätsstandards. Man könne zwar - wie Lingens - fordern, die staatliche Förderung konfessioneller Privatschulen und den schulischen Religionsunterricht zu überdenken. Dies hätte aber viele Nachteile, wie die oberste Schulverantwortliche der Erzdiözese Wien ausführte: Konfessionelle Privatschulen, für die die öffentliche Hand ja nur die Personalkosten trägt, seien für den Staat "durchaus budgetschonend".
Neben dem Geld gebe es auch inhaltliche gute Gründe für die Beibehaltung des Status quo: Religionsunterricht bedeute vernunftgemäße Auseinandersetzung mit der eigenen Tradition sowie anderen Werthaltungen und ideologischen Entwürfen, betonte Pinz. "Das fördert Dialog, gesellschaftliche Solidarität und wirkt Fundamentalismen entgegen." Die religiöse Reifung junger Menschen sollte von der Gesellschaft ernst genommen und mitverantwortet werden, sonst drohe "eine unkontrollierte Absonderung in hermetische Insiderzirkel".
"Rundumschlag" statt konstruktive Kritik
Das Pauschalurteil gegen die katholische Kirche als eine Organisation, "die schwersten Verbrechen an Kindern Vorschub leistet", hatte schon in der "Falter"-Ausgabe davor (6/22) Clemens Paulovics, den Bereichsleiter für Bildung und Ordensschulen in Österreich, zu einer Replik in Leserbriefform veranlasst. Lingens gehe es offenbar nicht um konstruktive Kritik, "sondern um einen Rundumschlag gegen Kirche, Religionsunterricht und katholische Schulen".
Paulovics wies darauf hin, dass alle Religionslehrkräfte - nur zwei Prozent davon seien Priester - nach staatlichen Standards professionell ausgebildet sind. Das schätzten auch Eltern und Schüler: Jeder 15. Schüler in Österreich besucht laut dem Ordensverantwortlichen eine katholische Privatschule. Und 15.000 Schüler ohne religiöses Bekenntnis besuchen den Religionsunterricht freiwillig.
Quelle: kathpress