Batlogg zu Benedikt-Brief: "Der große Befreiungsschlag war es nicht"
Große Bemühungen im Kampf gegen Missbrauch in der Kirche, zugleich aber auch Fehler attestiert der in München lebende österreichische Jesuit und Publizist Andreas Batlogg dem emeritierten Papst Benedikt XVI. Im Interview in der ORF-Sendung "Orientierung" (Sonntag) nahm Batlogg auch zum jüngsten Brief von Papst Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten Stellung und meinte wörtlich: "Der große Befreiungsschlag war es nicht."
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hatte sich in einem am Dienstag veröffentlichte Brief erneut zum Münchner Missbrauchsgutachten geäußert. Darin entschuldigt er sich bei den Betroffenen und drückt seine "tiefe Scham" und seinen "großen Schmerz" aus. Zugleich wehrt sich der frühere Papst gegen den Vorwurf, als Erzbischof von München (1977-1982) Missbrauchsfälle aktiv vertuscht zu haben. Seinem Schreiben wurde innerkirchlich mit Hochachtung, aber auch mit Kritik begegnet.
Wie Batlogg analysierte, entschuldige sich der emeritierte Papst zwar, doch er zeige seiner Meinung nach schlicht zu wenig Empathie mit den Betroffenen. Benedikt rechtfertige sich, er argumentiere, aber die richtige Botschaft wäre gewesen: "Es tut mir furchtbar leid, ich habe Situationen falsch eingeschätzt, ich habe mich falsch beraten lassen, es tut mir leid", so Batlogg.
Der Ordensmann hob hervor, dass sich Benedikt als Papst im Kampf gegen Missbrauch große Verdienste erworben habe. Als Kurienkardinal habe er - gegen starken Widerstand - bereits Maßnahmen gesetzt, aber er habe eben auch Fehler begangen. "Und dieses Image, dass er als Papst, Kardinal und Erzbischof von München nicht genau genug hingesehen hat, das wird er nicht los." Die Art und Weise, wie sich der emeritierte Papst erkläre, wirke zudem "irgendwie auch rechthaberisch", er zeige zu wenig Gefühl.
Kritisch äußerte sich der Jesuit auch zu den Beratern des emeritierten Papstes und dessen Menschenkenntnis. Die 82-seitige erste Stellungnahmen zum Münchner Missbrauchsgutachten sei wohl eher missglückt, so das Urteil von P. Batlogg.
Sehr positive Worte fand Batlogg für den "Synodalen Weg" der Katholischen Kirche in Deutschland. Dieser sei unter dem verheerenden Eindruck der MHG-Studie begonnen worden. Die Studie "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" (MHG-Studie) war im Herbst 2018 veröffentlicht worden. Es sei klar gewesen, so Batlogg, dass sexueller Missbrauch und sexualisierte Gewalt nicht nur auf individuelles Versagen einzelner Priester zurückgehen, sondern, dass es systemische Ursachen und Faktoren gibt, die Missbrauch begünstigen und fördern. Damit hätten sich die Bischöfe nun gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auseinanderzusetzen.
Batlogg bezeichnete den "Synodalen Weg" als "großartiges Projekt, das leider klein und krank geredet und coronabedingt ausgebremst wurde", das nun aber doch schon Ergebnisse zeige; etwa wenn es um Gewaltenteilung in der Kirche, um die Lebensform von Geistlichen oder die Frauenfrage gehe.
Dass Papst Franziskus die Kirche auf einen zweijährigen synodalen Prozess eingeschworen hat, zeige auch, "dass es systemische Themen gibt, die angegangen werden müssen". Er wolle trotz aller Probleme deshalb auch "hoffnungsfroh" bleiben, zeigte sich der Jesuit optimistisch.
Quelle: kathpress