Delegierte Rath: "Synodaler Weg" verändert Kirche in Deutschland
Der auch in Österreich mit großem Interesse mitverfolgte Reformprozess "Synodaler Weg" hat die katholische Kirche in Deutschland bereits jetzt verändert - und wird dies weiter tun. Laut Einschätzung von Sr. Philippa Rath, Benediktinerin aus Rüdesheim-Eibingen (Hessen) und eine von 230 Delegierten bei der jüngst beendeten dritten Versammlung des "Synodalen Weges", ist "ein entscheidender Wandel im Gange". Sie verwies in einem Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen (aktuelle Ausgaben) auf das Miteinander von Bischöfen, Priestern und Laien, Männern und Frauen bei den Zusammenkünften. "Es geht um Teilhabe und darum, gemeinsam unterwegs zu sein", sagte Rath. "Wir müssen weg von dieser hierarchischen Kirche. Das ist lange überfällig."
Die bisherigen Versammlungen stünden für einen hoffnungsvollen Weg. Die Ordensfrau zeigte sich überzeugt, dass die dabei erhobenen Forderungen wie Änderungen beim Zugang zum kirchlichen Amt, bei der Sexualmoral oder bei der Gewaltenteilung in der Kirche auch "in Rom gehört werden und dass sich in den nächsten Jahren etwas verändert".
Mit der am vergangenen Wochenende beendeten dritten Versammlung des "Synodalen Weges" in Frankfurt zeigte sich Rath "sehr zufrieden". Nach intensiven, "auch durchaus kontroversen" Diskussionen seien am Ende 14 Vorlagentexte mit einer Zweidrittelmehrheit, die es laut Anforderung braucht, angenommen worden - auch von den Bischöfen. Themen waren etwa Geschlechtergerechtigkeit, die Lockerung der Zölibatsverpflichtung für Priester oder die Neubewertung von Homosexualität. Über diese Texte sei in erster, noch nicht verbindlicher Lesung abgestimmt worden, berichtete die Ordensfrau. Bei der nächsten Versammlung im Herbst solle es dann zu einer zweiten Lesung mit verbindlicher Abstimmung kommen.
Schon endgültig abgestimmt wurde der Orientierungstext "Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung" über die theologischen Grundlagen des "Synodalen Wegs". Rath wertete es als "ganz bedeutend", dass neben der Heiligen Schrift, der Tradition, dem Lehramt und der Theologie auch die Zeichen der Zeit und der Glaubenssinn der Gläubigen als Quelle der Offenbarung gesehen werden müssen. Weitere verbindliche Beschlüsse seien zum Thema "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" gefasst worden. Hier gehe es darum, "Machtstrukturen, die unzweifelhaft vorhanden sind, aufzubrechen" und auch das Kirchenvolk an der Bestellung von Bischöfen zu beteiligen.
"Heiße Eisen" und "dicke Bretter"
Der "Synodale Weg" greift viele "heiße Eisen" der Kirchenreformdebatte auf. "Erstaunt" sei sie gewesen, dass nicht nur die alte Forderung, das Frauendiakonat wieder einzuführen, mit einer großen Mehrheit auch der Bischöfe verabschiedet wurde, so Rath weiter, sondern auch ein weiterer Text über die Beteiligung der Frauen am gesamten Ordo (Amt) der katholischen Kirche. Dies als "historisch" zu bezeichnen, erschiene der Benediktinerin aber noch als zu früh, weil das Thema Frauendiakonat "seit 50 Jahren auf dem Tisch liegt".
"Unbedingt" eine Neubewertung erforderten auch die Themen Sexualmoral und Homosexualität. Der Katechismus der katholischen Kirche müsse "an verschiedenen Stellen, wo er ausgrenzend und diskriminierend ist", korrigiert werden. Zuletzt gab es laut Rath auch Ansätze zu einer Reform im deutschen kirchlichen Arbeitsrecht, wonach wiederverheiratete Geschiedene oder Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, gekündigt werden können. Diese auch von der Queer-Initiative "#OutInChurch" geforderten Reformen betrachtet Rath als "umwälzende Prozesse. Es war ein Aufbruch, ein wichtiger Schritt in die Zukunft."
Als zölibatär lebende Ordensfrau habe ihr gefallen, "dass der Zölibat als solcher nicht in Frage gestellt wurde, sondern der hohe Wert eines solchen Lebens weiter anerkannt wird". Aber auch sie befürworte die Aufhebung des Pflichtzölibats für Priester und die Ermöglichung verheirateter Kleriker. "Das, wie auch alle anderen Forderungen, muss natürlich in Rom entschieden werden", meinte Rath. Bis zum Abschluss des "Synodalen Wegs" im Frühling 2023 müsse zunächst in Deutschland über die Texte in erster Lesung endgültig abgestimmt werden. "Es soll ja eine möglichst große Mehrheit für alle Themen geben, deshalb muss dann gut argumentiert werden, um die Bischöfe, bei denen zum Teil noch dickere Bretter zu bohren sind als bei den Laien, zu überzeugen", erklärte Rath.
Teilkirchen sollen Druck auf Rom machen
Die deutschen Beschlüsse werden dann in den vom Papst 2021 ausgerufenen synodalen Prozess auf Ebene der Weltkirche einfließen, der 2023 in die Weltbischofssynode mündet. Jede Teilkirche sei wichtig und könne dann dort Themen einbringen, wies die Delegierte hin. "Je mehr Teilkirchen sich jetzt z. B. zum Thema Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche oder zu Macht und Gewaltenteilung in der Kirche äußern, desto größer wird der Druck, dass Rom etwas verändert."
Dem deutschen "Synodalen Weg" ist auch ein Beitrag in der kommenden Ausgabe des ORF-Religionsmagazins "Orientierung" am 13. Februar um 12.30 Uhr in ORF 2 gewidmet. (Info: www.synodalerweg.de)
Quelle: kathpress