Präventionsexpertin: Kindeswohl im Fokus kirchlicher Bemühungen
Die Prävention von Missbrauch und Gewalt in jeder Form "ist längst ein ganz normaler Teil unserer Arbeit, wie Pädagogik und Kinderpastoral". Das betonte Angelika Hechl im Interview mit der Salzburger Kirchenzeitung "Rupertusblatt" (aktuelle Ausgabe). Hechl, Geschäftsführerin der Katholischen Jungschar der Erzdiözese Salzburg, leitet die dort angesiedelte diözesane Stabstelle Prävention. Doch die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu schützen, "geht uns alle an". Ab wann die Grenze zwischen Nähe und Distanz droht, überschritten zu werden, dafür gebe es kein Patentrezept. "Wir müssen das spüren lernen und das geht auch", erzählte sie.
Bewusstsein dafür werde etwa in Seminaren mit folgender Übung geschärft: Die Teilnehmenden sollen den für sie passenden Abstand zueinander suchen. Dabei werde sichtbar, dass die passenden Abstände sehr unterschiedlich und individuell sind, wies Hechl hin. Eine Armlänge Abstand zwischen Menschen sei für die meisten ein guter Richtwert. Würde es eine allgemein gültige Richtschnur geben, brauche es keine Diskussion über Nähe und Distanz. "Wichtig ist, dass man sein Gegenüber im Blick hat, Kinder müssen sich wohlfühlen. Wer reflektiert und geschult ist, weiß, wie man an den Punkt kommt, dass Beisammensein für alle angenehm ist."
In der Stabstelle Prävention liegt der Fokus auf der Sensibilisierung für Themen wie Macht, Gewalt, sexueller Missbrauch und auf der Professionalisierung all jener, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. "Die Information aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Erzdiözese ist ebenfalls unsere Aufgabe. Wir sind Ansprechpartnerin, wenn es um Schutzkonzepte geht und die Instanz für deren Autorisierung", erklärte Hechl. Die Katholische Jungschar arbeitet täglich mit Kindern und für Kinder. Der Auftrag stehe schon im Evangelium: "Stellt die Kinder in die Mitte." Dass es den Kindern gut geht, habe Priorität, das sei immer die Verantwortung der Erwachsenen.
Seit den 1990er-Jahren wurden mehrere Fälle von sexuellem Missbrauch in der Katholischen Kirche bekannt. Hechl unterstrich: "Uns war klar, dass wir uns mit den furchtbaren Ereignissen offen auseinandersetzen müssen - auch damit wir lernen, wie wir in welchem Fall reagieren. Wir haben uns dafür Hilfe von außen geholt und uns mit Psychologen, Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendanwaltschaft ausgetauscht." Danach wurde der Kreis auf die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter erweitert. Inzwischen sei die Prävention Teil des Alltags.
Klare Vorgaben für alle Mitarbeitenden
Doch die Aufgabe, Kinder und Jugendliche zu schützen, gehe weit über die Jungschararbeit hinaus und sei gesamtgesellschaftlich relevant, betonte Hechl. Die Österreichische Bischofskonferenz hat in ihrer Rahmenordnung zum Schutz vor sexueller Gewalt klare Vorgaben für alle Haupt- und Ehrenamtlichen formuliert. In der Erzdiözese Salzburg sind zusätzlich für alle Angestellten Handlungsanweisungen und Schulungsvorgaben in einer eigenen Betriebsvereinbarung geregelt, erzählte Hechl. "Vor allem in der Arbeit mit Kindern müssen bereits Grenzverletzungen thematisiert werden, da geht es noch gar nicht um sexuellen Missbrauch." Denn unangenehm könne Körperliches und auch Verbales sein. Auch in Momenten, da Kinder sich fürchten, wie etwa Mutproben oder "Geister", drohe Grenzverletzung, betonte sie.
Für gute Prävention sei Offenheit essenziell. "Wir müssen über Situationen sprechen können. Blicke müssen geweitet werden, damit Menschen sich einlassen." Vorbildwirkung sei ebenso wichtig wie die Reflexion darüber, wie miteinander umgegangen wird. Zudem brauche es ein Team, in dem ein offener Austausch möglich sei.
Wird ein Vorfall gemeldet, gelten klare Regeln. "Wichtig ist jedenfalls, Meldungen sachlich nachzugehen und wirklich genau hinzuhören und zu dokumentieren", zudem Ruhe zu bewahren und der Austausch im Team. Außerdem: "Sich Hilfe holen, denn man ist mit diesem emotionalen Thema oftmals überfordert", gab Hechl zu bedenken. "Kinder wissen, was notwendig ist; Leute, die zuhören und sie ausreden lassen beispielsweise." (Infos: www.eds.at/praevention)
Quelle: kathpress