Linz: Gebetsfeier macht stummen Schrei Ausgebeuteter hörbar
"Wir wollen den stummen Schrei ausgebeuteter Frauen, Kinder, Männer mitten in Österreich, am Sklavenmarkt Europas und letztlich der ganzen Welt, vernehmbar machen." Das war laut Initiatorin Sr. Maria Schlackl das Anliegen hinter einer Ökumenischen Gebetsfeier gegen Menschenhandel am Dienstagabend im Linzer Mariendom. Anlass für den Gottesdienst, an dem auch Bischof Manfred Scheuer teilnahm, der Initiative "Aktiv gegen Menschenhandel - Aktiv für Menschenwürde in OÖ" war der "Internationale Reflexions- und Gebetstag gegen Menschenhandel" am 8. Februar.
Bischof Scheuer erinnerte daran, dass sich auch die österreichischen Bischöfe bei ihrer Frühjahrsvollversammlung 2021 gemeinsam mit Fachleuten mit Menschenhandel, dessen Ursachen und möglichen Gegenmaßnahmen befasst hatten. Österreich sei als Transit- und als Zielland von dem Problem betroffen, weltweit lebten Schätzungen zufolge 46 Millionen Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen, drei Viertel davon Frauen und Kinder. "Sie sind Opfer vielfältiger Formen von Zwangsarbeit, Kinderhandel, Organhandel, oder werden zu kriminellen Handlungen gezwungen. Die Mehrheit von ihnen wird sexuell ausgebeutet", wies Scheuer auf die prekäre Lage hin.
Befreiung einer Zwangsprostituierten
Bei der ökumenischen Feier wurde der Opfer von Menschenhandel in der ganzen Welt gedacht. Den Menschenhandel in Österreich verdeutlichte die Geschichte einer Betroffenen, die bei der Gebetsfeier vorgetragen wurde: Die Frau wurde laut dem Bericht der Diözese Linz in Nigeria geboren und lebte in sehr armen Verhältnissen. Nach der Schule unterstützte sie ihre Familie als Straßenverkäuferin. Eine Frau rekrutierte die damals 17-Jährige mit der Aussicht auf Ausbildung und Arbeit in Europa. Mit einem Boot kam sie erst nach Italien, dann nach Österreich, wo sie durch gefälschte Dokumente als volljährig galt und zur Prostitution gezwungen wurde.
Die Nigerianerin lernte einen Landsmann kennen und wurde von dem Asylwerber schwanger. Ihre "Madam" wollte sie zur Abtreibung zwingen und bedrohte sogar ihre Familie in Afrika, doch ihr Freund fand Hilfe bei seiner Rechtsberaterin. So konnte die Betroffene eine Schutzwohnung beziehen und in die Betreuung der Salvatorianerinnen-Initiative "Solwodi" (Solidarity with women in distress) aufgenommen werden. Dort fasste sie den Mut, gegen ihre "Madam" auszusagen, die inzwischen im Gefängnis ist.
"Solwodi"-Koordinatorin Schlackl sagte zu dem Fall: "Wir wollen jeder und jedem dieser Menschen ins Gesicht schauen und ihnen zuhören. Gemeinsam, so meine Hoffnung, wird es möglich, die Ketten der Ausbeutung, die unsichtbaren Fäden der Abhängigkeit und der Sklaverei zu sprengen."
Die oberösterreichischen Ordensgemeinschaften begingen den Gottesdienst am 8. Februar zudem als Feier des "Tages des geweihten Lebens". Heuer sollte dieser Tag speziell der Menschenwürde gewidmet sein. Etliche Ordensangehörige nahmen an der ökumenischen Gebetsfeier im Mariendom Linz teil, um der Opfer von Menschenhandel zu gedenken.
Quelle: kathpress