"Die ganze Woche" stellt den Priesterzölibat zur Diskussion
"Soll das Pflicht-Zölibat fallen?" Diese Frage hat die auflagenstärkste Wochenzeitschrift Österreichs, "Die ganze Woche" (Ausgabe 9. Februar) im Anschluss an eine relativierende Aussage des Münchner Kardinals Reinhard Marx zwei heimischen Kirchenvertretern gestellt. Der Theologe und Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Ferdinand Kaineder, und der in Wien-Donaustadt als Kaplan tätige Priester Clemens Haunschmidt kamen dabei zu unterschiedlichen Einschätzungen. Kaineder plädierte - auch im Blick auf die Frauen - für eine Reform der Zugangsbestimmungen zu den kirchlichen Ämtern, Haunschmidt sieht in der von ihm bewusst gewählten Lebensform ein Zeichen, "dass es Gott gibt, er uns Menschen liebt und das Himmelreich nahe ist".
KAÖ-Präsident Kaineder beantwortete die Ausgangsfrage mit einem klaren Ja. Zumindest in Europa sollte die Abkehr von der Zölibatsverpflichtung für Weltpriester "so schnell wie möglich" erfolgen. Gleichzeitig gelte es den "Verfassungsfehler der katholischen Kirche, dass Frauen nicht gleichwertig in alle sakramentalen Ämter genommen werden können", zu beheben. Zugleich räumte Kaineder ein, dass die ehelose Lebensform weiter eine besondere Lebensweise aus dem Evangelium bleibe - allerdings besser "freiwillig, nicht an Leitungsämter gebunden und niemals exklusiv oder elitär". An einem "männlich-klerikalen" Kirchenverständnis übe auch Papst Franziskus Kritik.
Nach den Worten des Theologen müsse bei dem Thema allerdings zwischen Weltpriestern und Ordenspriestern unterschieden werden. Ordensleute seien mit ihrer Entscheidung, ehelos zu bleiben, in eine Gemeinschaft eingebettet. Aber selbst die Ordenskirche gehe hier neue Wege, wies Kaineder auf das deutsche Kloster Volkenroda in Thüringen hin, "wo Ehelose, Verheiratete, Geweihte, Frauen und Männer die ökumenische Gemeinschaft bilden".
"Ehelos wie Jesus, aber nicht allein"
Kaplan Haunschmidt erinnerte daran, dass auch Jesus nicht verheiratet war: "Das war damals mindestens so anstößig wie heute." Ein Priester stehe symbolisch für Jesus und lebe daher ehelos wie er - "ehelos, aber nicht allein". Jesus sei mit seinen Jüngerinnen und Jüngern umhergezogen, wies der Geistliche hin. "Auch wir Priester brauchen Kollegen, Freunde und Familien, um die Ehelosigkeit gesund zu leben und ein Zeichen zu sein".
Die Entscheidung, der Berufung zum zölibatären Priestertum zu folgen, habe er sich nicht leichtgemacht. "Auf Ehe, Kinder, gelebte Sexualität zu verzichten, ist nicht ohne. Es bleibt immer eine Lücke", so Haunschmidt. Doch gerade diese "bleibende Offenheit" sei für ihn der Grund, warum er den Zölibat so wertvoll finde. Die Erfahrung eines liebenden Gottes habe ihn dazu ermutigt, "alles für ihn zu riskieren".
Quelle: kathpress