Caritas-Männerberater: Es gibt keine Entschuldigung für Gewalt
Die Gewalt an Frauen ist österreichweit stark gestiegen. Das berichtete Wojciech Michalek von der Familienberatung, Männerberatung und Psychotherapie der Caritas der Diözese St. Pölten. Es müsse alles getan werden, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern, betonte Michalek im Interview mit den "NÖ Nachrichten" (Mittwoch). Betroffenen stünden viele Handlungsmöglichkeiten offen, sofern sie die Warnsignale wahr und ernst nehmen. Institutionelle Hilfe sei eine zweite wichtige Säule der Gewaltprävention. Klar sei, "dass es keine Entschuldigung für Gewalt gibt".
"Die Konflikte zwischen Männern und Frauen haben vielfältige Ursachen, es wäre eine allzu große Vereinfachung, dies auf 'Nichtebenbürtigkeit' zurückzuführen", betonte Michalek und stellte klar: "Machtkämpfe kommen in Partnerschaften vor", diese dürften aber niemals zu Gewalt führen. Das Ziel in der Gewaltberatung ist es immer, Konflikte gewaltfrei zu lösen.
Kulturelles Erbe in Form der Übergabe eines bestimmten Männer- und Frauenbildes spiele bei der Gewaltausübung eine große Rolle: "Hier geht es vor allem um ein patriarchales Männerbild, bei dem Gewalt als eine Durchsetzungsmethode gesehen wird und Gefühle von Rat- oder Hilflosigkeit als Schwäche gelten." In Österreich gebe es insbesondere in ländlichen Gebieten wie noch Männer, die mit patriarchalem Männerbild aufgewachsen sind, erklärte Michalek. Auf Dauer führe dies oft zu Überforderung durch unterdrückte Gefühle.
Tatsächlich könne man aber nie wissen, was in Tätern vorgeht, etwa durch die individuelle Vorgeschichte, psychische Belastbarkeit, das soziale Umfeld, soziale und finanzielle Unsicherheit. Das ungünstige Zusammenspiel dieser Faktoren könne zur Gewalt wie auch zu anderen psychischen Problemen führen. Auch das Erleben von Gewalt in der Kindheit könne "eine ganz prägende Rolle spielen".
Warnsignale ernst nehmen
Die Zahl der Wegweisungen in Niederösterreich betreffen hauptsächlich Männer. Werden individuell unterschiedliche Warnsignale im psychischen Leben nicht erkannt, könne dies zu Depression, Gewalt, psychischer Erkrankung, Zerstörung der Familie, Verlust der Arbeit führen. Anzeichen seien etwa andauernde Müdigkeit, Reizbarkeit, Streitigkeiten, Einsamkeit, Verlorenheit, Sucht oder Schlafprobleme. Äußere Umstände wie etwa Zukunfts- oder Existenzängste durch die Corona-Pandemie "können zu vielen psychischen Krisen führen und oft zur Steigerung der Gewaltausübung", erklärte Michalek.
Betroffenen rät Michalek kleine Schritte gehen, wie einfaches Reden über eigene Probleme mit einer vertrauten Person und darauf zu achten, sich nicht zu überlasten. Ist dies nicht ausreichend, müsse man sich nach außenstehender Hilfe wie Männerberatung, Frauenberatung, Psychotherapie, ärztlicher Kontrolle umschauen.
Michalek verwies auf Institutionen, wie Opferschutzzentren, Frauen- und Männerberatung, Kinder- und Jugendhilfe und die Polizei. Bei der Caritas werden derzeit neue Mitarbeitende eingestellt, um gezielt an Gewaltprävention zu arbeiten. Seit September 2021 ist nach einer Wegweisung eine sechsstündige Täterberatung verpflichtend zu absolvieren.
(Infos: www.caritas-stpoelten.at/maennerberatung, Tel: 0800 400 777)
Quelle: kathpress