Weihbischof Scharl: Menschen sind kein "Handelsgut"
Verstärkte Bemühungen im Kampf gegen Menschenhandel hat der für dieses Thema zuständige Referatsbischof Franz Scharl gefordert. "Der Mensch ist nicht als Handelsgut geschaffen worden!", betonte der Wiener Weihbischof in einer Stellungnahme am Dienstag, der in der katholischen Kirche als Weltgebetstag gegen Menschenhandel begangen wird. Scharl bezog sich dabei auch auf die Kritik, die der heimische Episkopat vor knapp einem Jahr gegen "eines der schlimmsten Verbrechen und ein schmutziges Geschäft ungeheurer Größe" formuliert hatte und ein umfangreiches Maßnahmenpaket gegen Kriminelle und für Opfer eingefordert hatte. Es wäre "mehr als angebracht, sich noch mehr zu bemühen, Menschen den Fängen der Menschenhändler (und leider manchmal auch Händlerinnen) zu entreißen", so der Weihbischof.
Bei ihrer Frühjahrsvollversammlung 2021 hatte sich die Bischofskonferenz in einem Studientag intensiv mit dem Thema Menschenhandel auseinandergesetzt und diesen in einer eigenen Abschlusserklärung scharf verurteilt. Weihbischof Scharl verknüpfte die damaligen Erkenntnisse mit einem persönlichen Erlebnis vor wenigen Tagen: Der Besuch einer 30-jährigen Ungarin in seinem Büro, die dank des Einsatzes von Streetworkerinnen aus dem Keller eines Nachtclubs in Österreich entkommen konnte, habe ihm die Notwendigkeit, gegen eine derart "himmelschreiende Schande" im Sinn von Menschlichkeit vorzugehen, "nochmals dramatisch vor Augen geführt", berichtete Scharl.
Nachfrage sollte "in Richtung Null" gehen
Damit die Opfer erst gar nicht in so eine verzweifelte Lage kommen, seien vorbeugende Schutzmaßnahmen erforderlich. Die Nachfrage, die den Menschenhandel fördert, müsse reduziert und womöglich "in Richtung Null" gebracht werden. Dazu sei Aufklärungsarbeit notwendig, erklärte der Bischof: Viele wüssten nicht, was sich auch in Österreich abspielt. Zudem herrsche oft ein falsches Verständnis bezüglich der Opfer des Menschenhandels, besonders der Opfer von Zwangsprostitution.
Scharl regte auch juristisches, behördliches und spirituelles Gegensteuern an: Die wissentliche Inanspruchnahme von Diensten, für die geschleppte Personen ausgebeutet werden, sollte unter Strafe gestellt werden, wie auch die EU-Strategie zur Bekämpfung des Menschenhandels vorsehe. Finanzämter sollten den Opfern keine Steuernachforderung auferlegen; traumatisierte Betroffene könnten sich sonst gezwungen sehen, ihre schon verlassenen Einkunftsschienen nochmals zu befahren. Hilfreich ist laut Scharl auch Unterstützung von Streetwork und anerkannten NGOs, bei der Wohnraumbeschaffung oder Berufsbildung nach dem Ausstieg von Opfern.
Langfristig notwendig sei auch die Bekämpfung der Armut, "damit die Nährlösung für die Verschleppung von Menschen verschwindet", so Scharl weiter über "eine Aufgabe, die zurzeit gerade nicht einfacher wird".
Der Bischof ermunterte auch zu einer "jederzeit wichtigen und leider öfters belächelten" Handlung: zum Gebet für die Opfer und auch für die Täter. Auch ermutigende Worte der Bibel in der jeweiligen Muttersprache sollten an Betroffene weitergegeben werden, die die Nähe Gottes und die Berechtigung zum Ausstieg aus einem menschenverachtenden Geschäft in Erinnerung rufen.
Quelle: kathpress