Pfarrgemeinderäte schätzen Kirche vor allem als "Gemeinschaft"
Die rund 45.000 Frauen und Männer in Österreichs Pfarrgemeinderäten (PGR) wollen durch ihr Engagement in den katholischen Pfarren vor allem "Kirche als Gemeinschaft erfahrbar machen": Das ist bei einem Online-Forum am Dienstagabend zum Ausdruck gekommen, bei dem die Ergebnisse der im vergangenen Herbst durchgeführten Befragung von insgesamt 3.000 Pfarrgemeinderätinnen und -räten präsentiert, diskutiert und vertiefende Rückmeldungen aus der eigenen Erfahrung dazu eingeholt wurden. Rund 150 im PGR Aktive aus allen österreichischen Diözesen beteiligten sich an der Veranstaltung.
Auch Bischof Josef Marketz war beim Forum zugegen und lieferte erneut ein starkes Statement für Pfarrgemeinderäte. In den vergangenen Wochen habe er in vier Kärntner Pfarren ausgeholfen, deren aus dem Ausland stammende Priester gerade auf Heimaturlaub waren, berichtete der Referatsbischof für die Pfarrgemeinderäte in der Österreichischen Bischofskonferenz. "Immer waren Pfarrgemeinderäte tatkräftig und vorbereitend zur Stelle und man merkte: Die Pfarre ist auch dann nicht kopflos, wenn der Pfarrer nicht da ist." Anders gesagt, so Marketz: "Ohne Pfarrgemeinderäte geht es gar nicht."
Das Selbstverständnis der Pfarrgemeinderäte sei jenes eines "Arbeitsgremiums", doch werde öfters auch eine Veränderung hin zu einem "Entscheidungs- und Leitungsgremium" gewünscht, fasste gegenüber Kathpress die Sprecherin der Österreichischen PGR-Referentinnen und -Referenten, Klaudia Achleitner, die Ergebnisse des Online-Treffens zusammen. "Manche forderten dies auch aus dem Bewusstsein, dass das hauptamtliche Personal in Zukunft zurückgehen dürfte." Besonders geschätzt werde am PGR der "kleine Rahmen, wo man sich noch kennt und miteinander in Kontakt kommt".
Corona-Sorgen der Pfarren
Freilich: Die Corona-Situation hat diesen Kontakt sowie das Gemeinschaftsgefühl erschwert, und vielerorts beklage man auch in den Pfarrgemeinderäten ein "Fremdeln", berichtete Achleitner über das Forum, bei dem trotz der Online-Form auch in Kleingruppen gearbeitet worden war. Als positive Entwicklung wurde hingegen erwähnt, dass die Versiertheit im Umgang mit digitalen Medien stark zugenommen habe, was etwa die Teilnahme an und Abhaltung von Online-Veranstaltungen betrifft.
Eine große Sorge in so gut wie allen Pfarrgemeinderäten bezieht sich auf die Tatsache, dass viele Pfarrmitglieder bereits im ersten Lockdown der Corona-Pandemie auf TV-Gottesdienste "umgestellt" haben und mittlerweile die Sonntagsmesse eher von zu Hause aus mitfeiern als vor Ort in der Kirche. "Es ist jetzt offenbar geworden, dass die Leute nicht mehr so leicht zurückkommen werden", so Achleitner über die Rückmeldungen. Das heikle Thema Impfpflicht ließ man beim Treffen lieber außen vor. In den Diözesen gelte diesbezüglich teils die Regelung, dass PGR-Sitzungen "Arbeitstreffen" sind und somit unter die 3G-Regel fallen, berichtete die Sprecherin aus der Praxis.
Die Kandidatensuche für den PGR sei noch nie leicht gewesen, betonte Achleitner mit Blick auf die am 20. März anstehenden Wahlen. Diesmal komme auch die Problematik der aktuellen Debatte um den Umgang mit Missbrauch hinzu, ausgelöst von dem im Jänner von der Erzdiözese München veröffentlichten Gutachten. "Es gibt durchaus auch Menschen, die sich zwar zur Kandidatur bereit erklärt haben, nun aber ihre Mitarbeit davon abhängig machen wollen, dass sich jemand aus der Kirchenleitung zu den Vorfällen äußert und Antworten auf offene Fragen gibt", berichtete Achleitner. Sich nicht mehr ehrenamtlich engagieren zu wollen, sei für manche aus dem "innersten Kreis" der Pfarren der erste Schritt eines Protests.
Um eine zeitgemäße Sprache machten sich beim Online-Forum mehrere der Versammelten Gedanken: "Die Frage, wie wir über den Glauben reden und ob das, was wir in der Kirche feiern, für junge Menschen und für Menschen außerhalb des 'innersten Kreises' noch verständlich sind, beschäftigt viele", berichtete Achleitner. Damit Menschen "da kann ich Mitgehen" sagen könnten, müsse kirchliches Handeln wieder vermehrt in die Lebenswirklichkeit übersetzt werden.
Kirche vor Ort gestalten
Die Diskussionen beim Forum bezogen sich auf eine Umfrage im September 2021, an der sich 3.000 aktive PGR-Mitglieder beteiligt hatten. Die Suche nach gemeinsamen Wegen sowie Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung zeigten sich dabei als wichtigste Motive für das Engagement im PGR. Je 90 Prozent fanden, der PGR sei "sehr wichtig" für das kirchliche Leben der Pfarrgemeinden, hier werde "für die Kirche am Ort etwas bewegt" und es würden "Richtungsentscheidungen" gefällt. Knapp jeder zweite will die christliche Botschaft spürbar machen und etwas tun, "damit der Glaube lebt", zudem wird als wichtige Aufgabe auch die Umsetzung gemeinsamer Projekte gesehen. Das Ehrenamt werde in der Kirche vor Ort künftig noch wichtiger werden, meinten vier von fünf Befragten.
Wie Achleitner beim Forum am Dienstag detaillierter erläuterte, bilde die im Jänner erstmals präsentierte Umfrage alle relevanten Altersgruppen gut ab. Am stärksten seien mit 30 Prozent die 50- bis 59-Jährigen vertreten gewesen, jeweils rund 11 Prozent waren jünger als 40 oder älter als 70 Jahre alt. 56 Prozent der Beteiligten waren Frauen. Jede dritte Rückmeldung sei von Pfarrgemeinderäten in ihrer ersten fünfjährigen Amtsperiode gekommen, 26 Prozent von Menschen, die bereits länger als 15 Jahre dem pfarrlichen Gremium angehören - obwohl die meisten Diözesen eigentlich ein Höchstmaß von zwei bzw. drei Perioden vorsehen.
Österreichweite Wahlen am 20. März
Am 20. März 2022 sind über 4,5 Millionen wahlberechtigte Katholikinnen und Katholiken aufgerufen, eine Funktion in ihrer Pfarrgemeinde zu übernehmen oder wählen zu gehen. Den Pfarrgemeinderäten gehören derzeit 45.000 Frauen und Männer an, davon rund 30.000 als Gewählte, die anderen kraft ihres Amtes oder ihrer Funktion. Die Größe des Pfarrgemeinderates hängt von der Größe der Pfarre ab und liegt zwischen 8 und 30 Mitgliedern. In ihrer heutigen Form gibt es Pfarrgemeinderäte seit den Jahren nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65), wobei in Österreichs die Erzdiözese Salzburg und die Diözese Graz-Seckau 1969 den Anfang machten. (Infos: www.pfarrgemeinderat.at)
Quelle: kathpress