Scheuer: Gleichsetzung heimischer Regierung mit Diktatur unerträglich
Jüdinnen und Juden sollen wissen, dass sie in der Katholischen Kirche und in den Christen "verlässliche Partner haben im Kampf gegen den Antisemitismus". Das betont der Linzer Bischof Manfred Scheuer in einem Beitrag für Kathpress anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages (27. Jänner). Bischof Scheuer, er ist in der Österreichischen Bischofskonferenz für Ökumene und die Beziehungen zum Judentum zuständig, zitiert Papst Franziskus: "Es ist unmöglich, Christ zu sein und gleichzeitig Antisemit."
Wörtlich schreibt Scheuer in seinem Beitrag: "Unerträglich sind Gleichsetzungen der gegenwärtigen Regierungen in Österreich oder in Europa mit der NS-Herrschaft, mit Diktatur. Völlig inakzeptabel, wenn von einer Wiederholung der Geschichte des Nationalsozialismus in der Gegenwart geschrien oder auch geschrieben wird."
Fassungslos blicke man heute auf die Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus zurück, so der Bischof weiter: "Wie konnte es dazu kommen und was waren die Auslöser? Warum haben so wenige Menschen sich zur Wehr gesetzt, als ihre jüdischen Nachbarn verfolgt und verschleppt wurden?" Die Kirchen würden vor wachsendem Hass bzw. Antisemitismus warnen und die zunehmende Tendenz anprangern, die Ereignisse des Holocaust zu verharmlosen oder gar zu leugnen, betont Scheuer: "Verachtung und Hass entwickeln sich allmählich aus Worten, Stereotypen und Vorurteilen - durch rechtliche Ausgrenzung, Entmenschlichung und Gewalteskalation."
Der Bischof stellt eindringliche Fragen: "Wie weit ist es: Vom Wort, vom Bild, von den Verschwörungsmythen in die Gaskammern? Von der Verachtung zur Ermordung? (...) Vom Denken, von der Ideologie bis zur Umsetzung in der Tat? Von der Gleichgültigkeit, von der Bürokratie bis zur Auslöschung? Vom Vorurteil bis zur Vernichtung? (...) Wie weit ist es von der 'Lügenpropaganda', von den 'Fake News' zum Feindbild, zum Sündenbockmechanismus, zu bösem Mobbing und mörderischer Ausgrenzung? Wie weit sind aktuelle Erfahrungen des Antisemitismus, Instrumentalisierungen der Shoa von Auschwitz entfernt? Wie weit ist es von der Relativierung des Holocaust bis zur Wiederholung?"
Wie Bischof Scheuer weiter betont, beinhalte der Einsatz gegen Antisemitismus für die Kirchen zudem die bleibende Verantwortung, "dass wir uns mit dem eigenen Versagen in der Vergangenheit auseinandersetzen und gegen das Vergessen wirken". Eine Begegnung von Christen mit Juden sei nicht ohne Scham und Reue, nicht ohne Umkehr und Buße möglich. Und der Bischof fügt hinzu: "Christinnen und Christen sind heute dankbar für das Glaubenszeugnis Israels und für die religiöse Praxis von Jüdinnen und Juden."
Quelle: kathpress