Kaineder: "Steuergeld muss Richtung Qualität steuern"
In der österreichischen Medienpolitik gilt: "Steuergeld muss Richtung Qualität steuern." Mit diesen Worten nimmt der Präsident der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) und Kommunikationsexperte Ferdinand Kaineder den Staat bei der Förderung und Absicherung von ausgewogener, qualitätsvoller Information und Unterhaltung in die Pflicht. Kriterium für eine zu reformierende Medienförderung dürften nicht "Machtlogiken" oder die nackte Zahl der Konsumierenden sein. Zu berücksichtigen sind laut Kaineder ebenso redaktionelle Strukturen bzw. Fragen wie: Wie viele Ressourcen werden für Recherche aufgewendet? Unter welchen Verhältnissen wird gearbeitet? Welche Bedeutung hat das Medium für eine Zielgruppe? Und: Richtet sich das Medium nach dem Ehrenkodex des Presserats?
Kaineder, Buchautor und früherer Kommunikations-Chef der österreichischen Ordensgemeinschaften, äußerte sich am Samstag in einem Kathpress-Interview im Hinblick auf anstehende, von Bundesministerin Susanne Raab angekündigte medienpolitische Weichenstellungen. Außer ihm kommen in der Kathpress-Interview-Reihe zu Wort: Gabriele Neuwirth, Vorsitzende des Verbands katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs (erschienen am 21.1.), der in Wien lehrende Medienethiker Alexander Filipovic, der Grazer Caritasdirektor Herbert Beiglböck als Mitglied des ORF Publikumsrates, "Furche"-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl sowie Walter Achleitner vom Verein zur Förderung der Kirchenzeitungen.
Nach den Worten Kaineders müssen Medien wieder mehr ein Anliegen aller werden - von den Usern bis hin zum Staat, der geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen habe. Der kritische Blick sei "konstitutiv für die liberale Demokratie" und deren Weiterentwicklung. "Es wird nicht ausbleiben, dass sich die Boulevard-Medien auf eine einschneidende Reduktion von Steuergeldern einstellen müssen", erklärte der KAÖ-Präsident. Er forderte umfassende Transparenz und Offenlegung aller Steuergeldflüsse Richtung Medien, bestehende Compliance-Bestimmungen gelte es konsequent zu vollziehen und kontrollieren.
Für "partei-entpolitisierten" ORF
Befragt nach dem medienpolitischen Dauerthema ORF meinte Kaineder, der Rundfunk solle "politisiert bleiben", aber "partei-entpolitisiert werden" und nicht der Regierung zugeordnet sein. Der ORF solle in seinen Strukturen die Mehrheitsverhältnisse in Österreich und die hier lebenden Personen widerspiegeln.
Die vom ORF gewünschte Aufhebung der 7-Tage-Schranke für TV-Thek und Radio-Podcasts befürwortet auch der KAÖ-Präsident. Kommerzielle Medienanbieter und werbegetragene Internetplattformen sollten keine Gratis-Nutzungsrechte von ORF-Inhalten haben, wohl aber "Common-Medien" und Medien-Kooperativen im Sinne einer Gemeinwohlentwicklung. Öffentlich, rechtlich, gemeinnützig sind dafür die von Kaineder genannten Kriterien.
Facebook & Co streng regulieren
Für strenge staatliche Regularien sprach sich der Experte bei den großen globalen Medien- und Internetplattformen wie Youtube, Meta/Facebook oder Tiktok aus. Sie sollten sogar zerschlagen werden, wie dies auch schon bei Öl-Kartellen geschehen sei. Kaineder forderte die konsequente Anwendung europäischer Gesetze zum WWW in den EU-Mitgliedsländern, Online-Medien hätten sich auch an die nationalen Gesetze zu halten. Gleichzeitig ist es laut Kaineder wichtig, "Nationalismen und Kleinstaaterei wie regionale Blockierungen bestimmter qualitätsvoller Informationsseiten nicht durchgehen zu lassen". Am liebsten wären dem KAÖ-Präsidenten europäische Plattformen basierend auf europäischer Rechtsauffassung als Alternative: "Das würde die Freiheit der Großen einschränken, aber Fairness der regionalen Gegebenheiten ermöglichen."
Mittlerweile braucht es nach Kaineders Überzeugung nicht nur einen Schutz der Privatsphäre, "sondern genauso den Schutz des medialen, öffentlichen Diskursraumes, in dem man gesichert auf einem bestimmten Niveau Fakten und Meinungen austauschen kann". Zum Umgang mit der durch die "Informatisierung der Wirklichkeit" beliebig gewordenen Fakten regte Kaineder eine neu zu schaffende Instanz an: Ein "Weisenrat der Wirklichkeit" sollte Medien zur Rechenschaft ziehen dürfen, wenn Fake News und Indoktrinierung Platz greifen oder ethische Grundparameter verlassen werden.
Quelle: kathpress