Femizide: Caritas und Frauenbewegung fordern mehr Gewaltprävention
Nach dem mutmaßlichen Mord an einer Frau (Femizid) in Oberösterreich am Wochenende haben die Caritas und die Katholische Frauenbewegung (kfbö) aufs Neue zu mehr Gewaltprävention und gesellschaftlichem Umdenken aufgerufen. Ein Vielfaches der von der Regierung 2021 für Gewaltschutz und Täterarbeit zugesagten Summe von knapp 25 Millionen Euro sei notwendig, verwiesen deren Spitzenvertreterinnen gegenüber Kathpress auf Expertisen von Frauenorganisationen. Vor allem vorbeugende Investitionen und ein "gesellschaftliches Umdenken" seien Gebot der Stunde.
Frauen bräuchten in gefährlichen Situationen rasch und unbürokratisch Schutz, was auch ausreichende Finanzierung von Einrichtungen und Beratungsstellen miteinschließe, betonte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. Sie verwies hier auf die Erfahrungen der Caritas: "In unseren Sozialberatungsstellen, aber insbesondere in den Männerberatungsstellen sehen wir, wie wichtig die Beratung und Begleitung von Gefährdern ist und dass diese Maßnahmen eine Gewaltanwendung oft letztlich verhindern."
Unbedingt sei neben Gewaltschutz auch Frauenpolitik nötig, um Frauen ein "selbstbestimmtes Leben ohne Abhängigkeiten" zu ermöglichen, so Parr weiter. Um auf eigenen Beinen zu stehen, bräuchten Frauen ein existenzsicherndes Einkommen, eine ausreichende Pension und auf dem Weg dahin auch ein flächendeckendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen sowie gerechtere Aufteilung zwischen Frauen und Männern von bezahlter und unbezahlter Arbeit. "Mehr Gleichstellung bedeutet mehr Unabhängigkeit, bedeutet weniger Gewalt", so die Caritas-Expertin.
Uneingelöste Forderungen
Diesen Forderungen schloss sich auch kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl an und betonte, rund 230 Millionen Euro pro Jahr seien zur Finanzierung der Präventionsmaßnahmen erforderlich. "Diese Zahl und dazugehörige Konzepte stehen schon lange im Raum, eingelöst sind die Forderungen noch immer nicht", betonte die Vorsitzende der mit 90.000 Mitgliedern größten Frauenorganisation Österreichs gegenüber Kathpress.
Zudem sei gesamtgesellschaftlich eine Wende notwendig: "Gewalt gegen Frauen wurzelt stark darin, wie sich eine Gesellschaft versteht und Geschlechter definiert", so Ritter-Grepl. Nach wie vor gäbe es patriarchale Muster und Geschlechterrollen in der Erziehung wie im generellen Umgang miteinander, verstärkt durch Medien, Filme und Social Media. Die kfbö-Vorsitzende sprach sich für weiteren Auf- und Ausbau einer "geschlechtersensiblen Arbeit mit Buben und Mädchen" sowie einer "qualifizierten, niederschwelligen Männerberatung" aus.
Auch Ritter-Grepl sprach "strukturelle Ungerechtigkeiten" zwischen den Geschlechtern an, die es etwa bei ungleicher Verteilung und Bezahlung von Erwerbsarbeit gebe. "Geschlechtergerechtigkeit auf allen Ebenen der Gesellschaft ist ein Fundament des friedlichen Miteinanders", so die kfbö-Vorsitzende.
Quelle: kathpress