Christmetten der Bischöfe: Hoffnungsbotschaften in dunkler Zeit
Der Mensch im 21. Jahrhundert ist zu Höchstleistungen fähig - "und doch fehlt es uns etwas, was zu früheren Zeiten nicht so der Fall war". Auf diesen Verlust einer mit dem Göttlichen verbundenen inneren Mitte hat der Salzburger Erzbischof Franz Lackner in der Christmette im Salzburger Dom hingewiesen. Zwar bereise die Menschheit das Weltall mit unbemannten und bald auch mit bemannten Raumfähren. Aber: "Die Sterne leuchten uns nicht mehr den Weg" wie den Sterndeutern zum Stall von Bethlehem.
Lackner: "Unsere Fähigkeiten und unser Wissen führen nicht mehr über uns hinaus zum Göttlichen, sondern wir kreisen um uns selbst." Dem hielt der Erzbischof ein Wort des deutschen Mystikers Angelus Silesius (1624-1677) entgegen: "Und wäre Christus 1000 Mal in Bethlehem geboren worden und nicht in Dir: Du bliebest doch in Ewigkeit verloren."
Mit dem deutschen Soziologen Hartmut Rosa rief Lackner zu einer neuen und vertieften Nachdenklichkeit in der Pandemie über grundlegende Fragen auf: "Woher kommen wir? - wohin gehen wir?" Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz sieht die Gegenwart von einer "Finsternis der Pandemie" erfasst. Weithin herrsche Orientierungslosigkeit; Unsicherheit und Existenznöte bedrohten den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und "da und dort ufert eine zwar verständliche Unzufriedenheit in nicht tolerierbare Aggression aus". Dennoch: "Mit der Hoffnung auf Erlösung überstanden die Menschen zu allen Zeiten schwierigste Situationen", erinnerte Lackner.
Krautwaschl: "Fürchtet Euch nicht"
Bei der Christmette im Grazer Dom richtete auch Bischof Wilhelm Krautwaschl einen hoffnungsvollen Blick auf die Probleme dieses Jahres unter dem Motto "Fürchtet Euch nicht". Angesichts von Pandemie, Klimakrise, der Legalisierung der Suizidbeihilfe und auch spezifischen Problemen der Kirche etwa im Bereich der Berufungen müssten alle Christen Verantwortung übernehmen - "unseren Mann und unsere Frau stellen", so Krautwaschl wörtlich. Sie sollten sich um einen "Dialog, der diesen Namen wirklich verdient", bemühen, damit es nicht "mehr Auseinander statt Miteinander" gebe. Für ein Weiterkommen "müssen wir es neu lernen, vielfältige, scheinbar auch divergierende Meinungen, Überzeugungen und Glaubenserfahrungen auszuhalten, ja mehr noch, diese wertzuschätzen", so der Bischof, der dazu in der Weihnachtsbotschaft wesentliche Impulse erkannte.
Scheuer: Von Frohbotschaft "berühren lassen"
Bischof Manfred Scheuer rief im Linzer Mariendom dazu auf, sich von der Freude über die Geburt des Retters, vom Kind in der Krippe und dessen Einfachheit "berühren" zu lassen. Die Fähigkeit dazu sei heute jedoch vielen Menschen abhandengekommen und die Weihnacht zu einer "Botschaft, die nicht mehr ankommt" geworden. Möglicherweise werde als "zu schwach erlebt, das Leid auszuloten, das Dunkel aufzufangen, Licht in die Labyrinthe zu bringen". Persönliche Verletzungen und Kränkungen oder auch die Strukturen der Kirche seien bei vielen Menschen eine "Blockade auf dem Weg nach Bethlehem", stellte der Linzer Diözesanbischof fest.
Dass durch ein Berührtwerden jedoch auch auf überraschende Weise eine Verwandlung statt-finden könne, habe er an einem Weihnachtsabend in einem Hospiz erfahren, berichtete Scheuer. Nach dem Evangelium habe der Seelsorger das Kind aus der Krippe genommen und jedem zum Anfassen gereicht. Nach anfänglicher Zurückhaltung sei dann "beim Anschauen und Greifen, beim Berühren und in den Händen halten etwas in den Gesichtern zu spüren" gewesen. "Weil Gott sich von uns berühren lässt, deshalb wird er Mensch", unterstrich der Bischof. Voraussetzung dafür seien allerdings Stille, Freiräume ohne Druck und Zwang und eine "positive Kultur der Einsamkeit".
Quelle: kathpress