Lackner: Dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes nachspüren
Seit jenes einzigartige "göttlich-menschliche Ereignis" geschah, versuchen Menschen dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes nachzuspüren. Auch heutige Zeitgenossen seien aufgefordert, ihm auf die Spur zu kommen, schreibt Erzbischof Franz Lackner im Salzburger "Rupertusblatt" (23.12.). Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz erinnert an Anton Bruckner, von dem Folgendes berichtet werde: Am Christtagmorgen wurde der große Komponist vom Mesner vor der Weihnachtskrippe kniend angetroffen; auf dessen erstaunte Frage habe Bruckner geantwortet: "Nach der Christmette bin ich in der Kirche geblieben und habe die Krippe bis jetzt betrachtet. Ich bin noch nicht damit fertig geworden, dass Gott Mensch wird."
In der mittelalterlichen Scholastik sei die Frage, warum Gott Mensch wird, zuweilen äußerst konträr diskutiert worden, erklärte der frühere Philosophieprofessor. Dies sei nötig geworden, um den in Sünde gefallenen Menschen zu erlösen, hätten die einen gemeint. Die der Franziskanerschule zuzurechnenden Theologen - Lackner ist selbst Franziskaner - hätten die absolute Gutheit Gottes zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemacht: Man könne und dürfe von Gott nicht denken, dass ihn ein Übel, die Sünde, zur Menschwerdung veranlasste. Vielmehr sei sie von Ewigkeit in Gottes Liebesplan vorgesehen, um am Ende die ganze Schöpfung in Jesus Christus mit sich zu vereinen, wie der Erzbischof darlegte.
Lackner erinnerte an zwei weitere christliche Denker. In der Menschwerdung sei zum Ausdruck gekommen: "Gottes Sehnsucht ist der Mensch", wie es der heilige Augustinus ausdrückte. Auch heute komme es darauf an, sich dem zu öffnen, denn Gottes Liebe sei "ohne unsere Freiheit nicht denkbar". Lackner zitierte dazu Verse des deutschen Mystikers Angelus Silesius: "Es mangelt nur an dir. Ach könnte nur dein Herz zu einer Krippe werden / Gott würde noch einmal ein Kind auf dieser Erden."
"Weihnachten möchte sich wiederholen, in unseren Herzen, in unserer Kirche, für alle", schloss der Erzbischof. Er wünschte den Kirchenzeitungslesern, "dass die Freude des Weihnachtsevangeliums in Ihnen Wirklichkeit wird!".
Ebenfalls in der Weihnachtsausgabe des "Rupertusblattes" veröffentlicht ist eine Betrachtung Lackners zum Stille-Nacht-Lied. Die darin angesprochene Stille stehe für eine innere Haltung, "die uns zu Hörenden macht, was in uns vorgeht und wie Gott in uns vorgeht". Stille sei somit geradezu Voraussetzung für die Begegnung mit Gott, betonte Lackner. Weihnachtliche Stille stehe für "Leerwerden, Loslassen und im buchstäblichen Sinn Gott zur Welt bringen".
Quelle: kathpress