Scheuer warnt vor Folgen der Vertrauenskrise in Gesellschaft
Der Linzer Bischof Manfred Scheuer hat im Blick auf die staatlichen Coronamaßnahmen-Proteste vor einer Vertrauenskrise in Politik und Gesellschaft gewarnt. "Wo Menschen sich nicht mehr vertrauen, sich auf niemanden verlassen können und wo niemand glaubwürdig ist, da löst sich das Zusammenleben auf", wies Scheuer im Interview der Weihnachtsausgabe der Linzer "KirchenZeitung" hin. Er erachte die aktuelle Entwicklung hinsichtlich der Politik als bedenklich, weil Politik in einem Sozial- und Rechtsstaat eine wichtige Aufgabe habe. "Natürlich braucht es auch die Kritik und die Kontrolle", räumte der Bischof ein.
Was christlicher Glaube in diesem Zusammenhang vermag, veranschaulichte Scheuer mit einem Zitat des im Februar 1945 von den Nazis hingerichteten deutschen Jesuiten P. Alfred Delp. Noch im Angesicht des Todes habe der Märtyrer dazu aufgefordert: "Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt." Für ihn selbst sei die Beziehung zu Jesus der Angelpunkt in diesem Grundvertrauen des Glaubens, erklärte der Bischof.
Wohlwollen statt Feindbilder
Dieser Glaube bewähre sich in Gesundheit und Krankheit, "es handelt sich dabei aber um keine Glaubensfragen". Auch die Impfung sei keine Glaubensfrage. Wie Scheuer darlegte, seien in der Corona-Krise Grenzen erlebbar, auch in der Wissenschaft: "Es stellt sich etwas anders heraus, als wir erwartet haben." Dies sei keine Missachtung der Forschung, "aber wir kommen an einen Punkt, wo es wichtig ist, mit Wohlwollen miteinander umzugehen", appellierte Scheuer. Die Kirche könne den Beitrag leisten, "mit Grenzen und Endlichkeit zurechtzukommen und darauf zu achten, was Krisen mit uns machen". Ängste gelte es ernst zu nehmen, sonst entstünden Feindbilder.
Da die Risse derzeit auch durch enge Beziehungen gingen, riet der Linzer Bischof zur Haltung: "Wir müssen dranbleiben am Anderen, die Unterschiede aushalten und bekennen: Ich habe derzeit keine Lösung, aber ich gebe dich und mich nicht auf."
Auf die Frage, wo Christus heute erkennbar sei, antwortete Scheuer mit dem Hinweis auf eine durchgängige Linie in der biblischen Botschaft, vor allem des Neuen Testaments: Gott komme inkognito und verborgen, die Begegnung mit ihm erfolge im Geringsten, "möglicherweise, ohne es zu erkennen". In allem stecke "eine Zusage und eine Zumutung". Das gelte auch für Weihnachten, wie Scheuer betonte: "Gott begegnet mir in den Kindern, in den Flüchtlingen, in den Kranken, in den Menschen, die sich besonders einsetzen."
Quelle: kathpress